The Base – Tribal Instincts

Konkord 113
Graz 2019

Das neue Album von The Base ist erschienen. Ich habs mir natürlich kritisch angehört, bin aber etwas befangen darüber zu schreiben. Ich habe nämlich zwei der Titel mit dem Trio schon Anfang des Jahres für meine Parkinsong Duets im Black Box Sound Studio eingespielt und nahm an, dass die Aufnahmen auch auf „Tribal Instincts“ kommen würden. Norbert Wally hat die beiden Duette dann doch neu arrangiert und allein gesungen und ich meine, nicht besser als zuvor. Aber das ist nur meine bescheidene Meinung, hört selbst.

Die zwei Versionen im Vergleich

https://open.spotify.com/playlist/3wcRPQHIzBOm7rbfKzd6B2

Abgesehen davon liegt das neue Album im Trend und passgenau im Œuvre der Band. Getragen von minimalistischen Stücken, in denen Wally seine Stimme ausreizen kann, zwischendurch aufgewirbelt durch „Drescher“ mit schier endlosen Wiederholungen eines Mantras, deren großer Freund ich nie sein werde (obwohl sie gut tanzbar sind) ist es ein typisches The-Base-Produkt, das auch das eine oder andere déjà-vu vor Aug und Ohr ruft. Aber das macht nix. Die Fans werden es lieben und kaufen. Davon bin ich überzeugt.

Eine Band namens „Tribal Dialects“ gibt oder gab es übrigens bereits in Graz (rund um den großartigen Patrick Dunst), mit Stammestrieben oder Bauernschlauheit kann ich das neue Album trotz barfüssigen unrasierten Männern am schwarz-weissen Cover irgendwie nicht in Verbindung bringen.

Tribal Instincts Release Tour 2020

Die Band wird Anfang nächsten Jahres quer durch die Lande auf Album Release Tour gehen, auf der ich dem Trio den großen Erfolg wünsche, den sie bereits seit Jahren verdient hätten. Von Graz aus die Welt zu erobern, ist und bleibt eben ein schwieriges Unternehmen.

Offizielle Band Website – www.the-base.at

Viech – Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren

Abgesang / Hoanzl
Wien 2019

„Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren. Da kommt die nächste Welle, ich stell mich ihr entgegen. Aber dem Meer bin ich egal.“ So etwa heißt es am Ende des Titelsongs, dessen Thematik als letzter Track noch einmal anders aufgegriffen wird. Der Titel ist skalierbar, von privaten Erinnerungen, die verblassen bis zum planetaren Gedächtnis, das auch die Menschheit vergessen wird. Darin liegt die Stärke Viechs, in intelligenten Texten, die den Zuhörer herausfordern.

Die „Frequently Asked Questions“ im Track 1 spannen gleich den Rahmen des Albums. Triviales (Was will die SVA von mir?), Tiefes (Wer von uns stirbt wohl zuerst?) und zuletzt die Frage: Was soll ich tun nach diesem Lied? Das zumindest muss jeder Hörer ganz für sich selbst beantworten. Was mich betrifft kenne und schätze ich die Band schon seit ihren ersten Gigs in Graz, also lange genug, um mich gerne mit ihrer Musik auseinanderzusetzen.

Viech ist Christoph Lederhilger (Schlagzeug), Martina Stranger (Bass) und Paul Plut (Gesang, Gitarre), letzterer geht auch den Weg des knorrigen Solisten, der den „Teifl gsehn hat“, aber davon ist nichts in Viech, dort ist die Musik lieblich, durchzogen vom Klang heller Saiten und der Liebe. In der Tat gelangen dem Exil-Steirer unpeinliche romantische Liebeslieder, wie „Ich lieb dich (tu nur so)“. Das kommt wohl mit der Vaterschaft und dem 30er.

Insgesamt ein harmonisches „Feel Good“ Album.

Nick Cave and The Bad Seeds – Ghosteen

Bad Seed Ltd via Kobalt Label Services
Malibu, Los Angeles, Brighton, Berlin 2019

Das neue Nick Cave Doppelalbum geistert digital schon durchs Internet. CD und Vinyl ab 8. November weltweit.

The album was recorded in 2018 and early 2019 at Woodshed in Malibu, Nightbird in Los Angeles, Retreat in Brighton and Candybomber in Berlin. It was mixed by Nick Cave, Warren Ellis, Lance Powell and Andrew Dominik at Conway in Los Angeles.

Nick Cave – vocals, piano, synthesizer, backing vocal
Warren Ellis – synthesizer, loops, flute, violin, piano, backing vocals
Thomas Wydler – drums
Martyn Casey – bass
Jim Sclavunos – vibraphone, percussion
George Vjestica – guitar

Website Nick Cave Music

Timelost – Don’t Remember Me For This

Golden Antenna Records
Philadelphia 2019

Das Leben eines Musikjournalisten wird durch präzise Schubladisierung ganz erheblich erleichtert. Laut Pressetext handelt es sich um einen „Shoegazer“, und schon weiß man alles über dieses Album Debüt. Eventuell läßt man sich beim ersten Durchlauf irritieren, ob es nicht doch Noisepop oder gar Post-Punk sei, aber das Album führt melodisch und nostalgisch zurück in die 80-er Jahre. War das damals Dream Pop, Indie oder gar Grunge? Ein gut informierter Kenner der Genres weiss damit alles (und nichts) über dieses Duo aus Philadelphia und ich kann mir weitere Worte sparen. Ich würde dennoch empfehlen, das Album anzuhören und Schubladen dabei geschlossen zu halten. „We didn’t set out for this to be a concept album but there is definitely a theme within the lyrics”, schreibt Bandleader Shane Handal. “We wanted to be honest and wrote what was real to us. It just so happened we both were going through a lot at the time we were writing the album. It’s weird to throw yourself out there to the world and be so vulnerable but it felt honest and real. We wanted to put out a genuine record from the music to the lyrics.“ Also, seid nett zu den Jungs, sie sehen zwar aus wie metalhead „Bad Boys“, aber haben auch schon viel durchgemacht.

Singer and guitarist Shane Handal and drummer Grzesiek Czapla | © Adam DeGross

Morak – Leben frisst rohes Fleisch

Hoanzl Records
Wien 2018

Schade, dass Franz Morak just an dem Tag der Eröffnung des Grand Hotel Abyss (steirischer herbst) in seiner Heimatstadt Graz im Dom im Berg gastierte. Ich hätte mir das mittlerweile 73-jährige Chamäleon nur allzu gern angeschaut. Lange war vom Burgschauspieler nichts mehr zu hören, lange her, dass er eine Funktion als ÖVP Staatssekretär in der Bundesregierung innehatte (25 Jahre), noch länger (40 Jahre), dass ich zu seinen Liedern tanzte (ausflippte, wie das damals hieß) und unbedingt nach Mozambique wollte.

Ich wär so gern in Mozambique
wo die bunten Papageien
und Mademoiselles in Karamell
schrill ihre Liebe schrein

(Mozambique, 1980)

Ich bin dann doch nicht nach Mozambique geflogen (mein Leben ging andere Wege), aber ich konnte mich an jedes Wort seiner Lyrics erinnern, als ich in Ermangelung eines Konzerteindruckes seine alten LPs auflegte und bei seinem Wiener Label die neue CD bestellte, auf die ich sehr neugierig war. Drei Tage später läutete stürmisch die Klingel. Das Paket von Hoanzl Records war da: ein Vinyl Album!

Zwischen diesen Platten liegen rund 4 Jahrzehnte

Die schwarze Scheibe musste sofort auf den Plattenteller. Einmal, zweimal querhören, was so aussergewöhnlich daran ist, dass ein Rocksänger mit 70 noch eine Platte macht. Ich hab mir extra eine alte TV Show angeschaut, wo er zu Gast bei Phettberg war, um zu behirnen, was diesen Franz Morak antreibt. In den 80-ern war seine Musik wichtig für die Selbstdarstellung auf der Tanzfläche. Je wilder der freie Tanz, je mehr Tanzboden man mit seinen Sprüngen eroberte, desto mehr Aufmerksamkeit erhielt man von den Mädels. Und wenn man dann noch bei „Ich bin so einsam, ich könnte schrein“ mitsang, ging man sicher nicht alleine nach Hause. Er muss auch einsam gewesen sein, der Franzi als zarter Junge, dem so verrückte Worte in den Sinn kamen, die ein aufstrebender Tastenkünstler namens Peter Wolf saftig eingerockt hat.

Das war damals, aber was kann diese Scheibe heute? Er ist kein Leonard Cohen, der im Grab noch gut klingt, auch kein Klaus Nomi, der vor seinem frühen Tod alles gegeben hat. Er ist nur zehn Jahre älter als ich und dennoch so anders. Ein bisschen wie Boris Bukowski vielleicht, aber die theatererprobte Stimme wird brüchig. Die andere Hürde einer Besprechung seines Albums ist das fehlen jeglicher Stilrichtung. Die Texte sind zwar alle von Morak, schön seine Rezitation „Im Anfang oder die Krokodile des Dow“, aber Christian Kolonovits, ein weiteres Urgestein des Austropop, hat mit seinen Kompositionen, von Liedern, Balladen, Hip-Hop und Disko bis zum aktuellen 10-er Jahre Pop alle und keine Richtung eingeschlagen. Ich behauptete schon zuvor, dass Morak ein Chamäleon ist, viel bunter als seine schwarze Zwischenzeit. Was er wohl seither gemacht hat?

In meiner Plattensammlung, wie in fast jeder der Baby-Boomer, sind „Schizo“ (1980) und „Sieger sehen anders aus“ (1983) zu finden, wegweisend, kritisch, spöttisch, tanzbar … wird „Leben frisst rohes Fleisch“ bei der heutigen Jugend auch auf ihre Playlists kommen? Digital natürlich, denn wer ausser DJs dreht denn noch Platten um? Ich glaube nicht. Die Tiere aus diesem Zoo hinterlassen keine Spuren, er hat kein Mitleid mit den Wölfen, weiß auch nicht, warum er noch so fröhlich ist, das fragten sich schon viele, aber die Ratten verlassen das Schiff noch nicht, das wussten The Base bereits 2013.

nur auf diesem
großen weißen schiff
[…]
is keine einzige miese
kleine beschissene
ratte zu sehen
oder?

(Ratten)

Oversexed and underfucked ist ein „It-Girl“ in einem von wenigen englischsprachigen Songs. Aber schon in der gesprochenen Einführung „Im Anfang oder die Krokodile des Dow“ erfahren wir den wahren Grund der Schöpfung: das liebe Geld.

und er schuf den menschen nach seinem bilde
und er schuf ihm ein weib und alles brot und alle spiele
und viele viele krokodile

(Im Anfang oder die Krokodile des Dow)

Warum Krokodile? Es reimt sich einfach trefflich auf alle Spiele. Klischees, die irgendwie aber doch nicht abgelutscht sind, weil er sie verdreht oder den Kontext ändert. Die Würfel sind gefallen, alea iacta est.

Aha soso jaja.

Dennoch: ich mag sein Aufbegehren im hohen Alter, wenn man sich auf den Abgang vorbereitet und noch schnell ALLES machen will, sein Leben zusammenräumt und die ganze Bucket-List erledigt. Mir geht es so ähnlich mit meinen Zeitschriften, Büchern und dem Album mit den Duetten. Ich werde Franz Morak fragen, ob er nicht eines oder zwei auf dem „Volume Two“ mit mir aufnehmen will.

´

Info www.franzmorak.at

Wolf Prayer – Echoes Of The Second Sun

Barhill Records
Berlin 2019

Die Fotografie der drei bärtigen Herren erinnert mich an eine Sandsteinwand in Südaustralien, aber wie mir die Fotografin (und Co-Songwriter) Lisa Brehe-Krokowski bestätigt, sei das Foto in der Pfalz an einem kalten Tag im Januar irgendwo im Pfälzer-Wald vor einer Felswand entstanden.
Aber auch den Namen der Band assoziiere ich mit Wolfmother, auch wenn ich gar nicht so vertraut mit deren Œuvre bin, um musikalische Parallelen zu suchen.

Jan Sprengard, Tim Hansen und Matthias Schorr sind jedenfalls Berliner in klassischer Rockband-Besetzung – Gitarre/Gesang, Bass, Schlagzeug – und haben vermutlich nie mit den seit beinahe 20 Jahren erfolgreichen Kollegen aus Erskineville (meiner alten Nachbarschaft in Sydney) zusammen gespielt.

Der Wolf als mythisches Symbol ist jedenfalls beiden gemein, sogar das Echo der zweiten Sonne könnte aus der südlichen Hemisphere kommen. Aber egal, da die Lyrics nirgends zu finden sind, können sie nicht solches Gewicht haben. Indianische Mythologie wird am ehesten noch im Artwork von Timur Khabirov ausgedrückt.

Wolf Prayer | Foto: Lisa Brehe-Krokowski

Alternative Rock ist das Handwerk der Musiker, das zu beherrschen sie mit ihrem Debütalbum 51 Minuten lang ausführlich demonstrieren. Mit verzerrter Gitarre, einer Stimme die ein Rudel Wölfe herbeilocken könnte und auch manchmal wie Andrew Stockdale klingt, einem Bass den man im Bauch spürt und harten Schlägen auf die Trommelfelle. Das erwartet man auch von Stoner Rock oder ähnlichem Retrosound bis dann mit „According To The Rule“ ein überraschend sanftes Stück den „Krach“ unterbricht. Beim zweiten Durchhören fiel mir bei „Shapeshifter“ auch Dancing With Wolves ein.

Wäre interessant, die Jungs live zu erleben. Im Moment touren sie durch Deutschland und vielleicht rocken sie auch mal in meinen Gefilden.

Band Info: www.wolfprayer.de

The Halo Trees – Antennas to the Sky

Winter Solitude
Berlin 2019

TheHaloTreesCover„Time And Tide Wait For No Man“, die erste EP des Berliner Outfits blieb im Vorjahr unter meinem Radar, doch das Debüt-Album „Antennas to the Sky“ erreichte und berührte mich. Vielleicht, weil ich zuerst dachte, Matt Berninger zu hören, dessen Bariton mir schon seit Jahren vertraut ist. Man könne sogar glauben, Sascha Blach, Songwriter und Kopf des Quartetts, versuche sich in einer Imitation des Stils von The National, die er selbst neben Nick Cave und anderen  als Vorbild bezeichnet.

Wie auch immer, bewusst oder unbewusst, die Parallelen sind nun einmal gegeben und die Musik der in den Himmel gerichteten Antennen wird dann interessant, wenn sie eigene Signale zurück sendet.

Unterstützt wird der Bandleader dabei mit der Stimme von Kathrin Bierhalter, die auch Gitarre und Violine einbringt, Serdar Uludag am Bass und Stefan Helwig am Schlagzeug.

Das Artwork der CD (auch als LP und Download zu haben) entspricht der Musik, die meist monoton und dunkel ist, melancholisch wie Berlin und das Ergebnis von drei Jahren im (eigenen) Tonstudio darstellt.

Band Website: The Halo Trees

High Brian – Brian Air

StoneFree Records
Graz 2019

Brian.AirPaul Berghold, der Drummer der Band, begrüßt mich backstage im p.p.c. wie einen alten Bekannten. Der Grazer ist nicht nur für das Schlagzeug zuständig, sondern auch für das Meet ’n‘ Greet aller Gäste der Album Release Show. Ganz im Stil einer Airline folgt die junge Band den Vorgaben ihres Konzeptalbums „Brian Air“, dem Nachfolger des Debüts vor zwei Jahren. Ich muss zugeben, dass ich High Brian bis dato nicht geortet hatte, freue mich aber, dass sich das nun wie im Flug geändert hat.

Paul hatte die Bandmitglieder – Benedikt Brands, Gitarrist, Sänger und Komponist aus Hamburg, Nils Meyer-Kahlen, Lead Gitarrist mit Heimatstadt Stockholm und Patrick Windischbauer, Bassist aus Linz,  jeder von ihnen ist Brian – während des Toningenieur-Studiums an der TU-Graz kennen gelernt. Sie spielten einige Jahre in einem Proberaum im Keller der Papierfabrik (wo mir auch schon Saint Chameleon, Downlovers und VIECH über den Weg gelaufen sind) dann machten die Vier, die sich den Beatles und Beethoven (Ludwig van, nicht Badhoven) verwandt fühlen, “Hi Brain” (2017) und klingen darauf wie Wolfmother, meine Landsleute aus Down Under. Ich habe dieses Album nicht gehört um den Vergleich bestätigen zu können.

Doch zurück zum Abflughafen: “Brian Air – not the safer, but the higher way to fly”, behauptet die Plattenfirma und ich will dem Zitat gerne glauben, in Bezug auf die jüngsten Flugzeugabstürze. Musikalisch etwas mehr “psychedelic Rock” (im Sinne des Sergeant-Pepper-Albums) wird auch behauptet, läßt sich aber schwer nachprüfen, da der Gesang im Live-Konzert kaum zu verstehen ist und den Tonträgern LP und CD in limitierter Auflage kein Booklet mit den Texten beiliegt.

Ich muss mir nach dem Live-Erleben erst noch die Studioversion ein paarmal anhören. Mich haben sie zeitweise an Wishbone Ash erinnert, aber das ist lange, sehr lange her. Nett fand ich zwischen den acht Songs die gelegentlichen Ansagen des Flugkapitäns und erwähnenswert auch das Set mit den Konturen eines Jets aus programmierten Lichtbändern.

Aber das Geilste wäre ein Rooftop Konzert. Nicht nur eines wie es viele Bands von den Beatles bis zu The Base schon gespielt haben, sondern als Brian Air Crew vor der Boeing 727 am Dach des Novapark Hotels.

Die Band legt übrigens Wert auf den Umstand, dass sie mit diesem Album kommerzielle Luftfahrt nicht unterstützt. Folglich müssten sie für eine USA Tournee in zwei Jahren auf der “HMS Brian” über den Atlantik. Schiff ahoi!

Tiger Family – Tarantoga

Pumpkin Records
Wies 2018

Paul Pfleger, der im Tiger Familienbetrieb die Felle bearbeitet, hatte mich zum Album Release Concert eingeladen. Da ich die junge Band schon einmal in der Provinz gehört hatte, war ich neugierig genug, um mir das zweite Werk genauer anhören zu wollen. Man lud in den Guest Room, den ich nicht kannte und das Poster weder Adresse noch Beginnzeit preisgab. Auf Facebook wurde ich fündig, der Venue sei in der Beethovenstraße und beginne um 19 Uhr. Ich war knapp dran und schaffte es gerade mit der akademischen Viertelstunde, den unscheinbaren Kellereingang zu finden, Oje, ich hörte schon Musik aus dem Gewölbe und hatte nun den Anfang verpasst … Doch nein, die Jungs waren beim Soundcheck und ich war der einzige Gast. Das war wie eine private Show!

Tiger Family beim Soundcheck im „Guest Room“

Die Band ging danach erstmal einen Happen essen und ich wartete geduldig im Gastgarten nebenan und hatte kurzweilige Gespräche mit anderen Gästen, die schön langsam bis 22 Uhr eintrudelten. Als sich der Keller mit genügend Zuhörern und Rauch gefüllt hatte, ging es dann fast unbemerkt los. Zwei Stücke wurden gespielt, die gar nicht auf dem Album waren, aber das schien nicht so wichtig zu sein. Ich hatte nur den „Saint Traveller“ zuvor auf YouTube gehört, und dieser Tune gefiel mir. Es erinnerte an Country Music aus der Zeit von Crosby, Stills, Nash and Young, vielleicht wegen der Slide Guitar oder der wie beiläufig begleitenden Stimme. Der sechsköpfigen Band, einer Großfamilie mit Verwandtschaft bei Spring and the Land und Stereoface schien es  – wie schon bei der Beginnzeit – ganz und gar nicht um lange geübte Präzision zu gehen, sondern um den Spass, wovon so manch ein daneben gegriffener Ton zeugte. Aber Chillen ist eben wichtiger, als Versprechen einzuhalten, wie z.B. mir am nächsten Morgen gleich das Pressematerial zu schicken, auf das ich heute noch warte. Aber es geht auch ohne, wie man sieht.

PS.: Versucht erst gar nicht, eine CD irgendwo zu kaufen. Tarantoga gibt es nur als Download oder als LP. Ich gebe gerne zu, dass Vinyl Records cool sind, aber die Vorzüge des digitalen Speichers sind einfach unschlagbar. Nur die kleinen Heftchen mit Lyrics, Credits und was einer Band sonst noch wichtig erschien, gibts ohne CD nicht. Dabei könnte man das genausogut auch einer mp3 Version als PDF beilegen. Nur so als Idee.

The Base – Where is My Weather

Konkord
Vienna 2015

Gestern Abend war ich bei der Release Show des neuen Base Albums Where is My Weather im Grazer p.p.c., einem Venue, den ich bisher nur vom Hörensagen kannte und der sich mir als eine angenehme Überraschung präsentierte. Publikum, wo ich mich nicht als Großvater zu fühlen brauchte (unter anderem steuerte Werner Krause auf mich zu und begrüßte mich herzlich), trotz vollem Haus kein zu großes Gedränge und alles in rauchfreier Luft. Wer unbedingt rauchen musste, konnte das im Ghetto hinter Glas im hinteren Bereich tun. Freundliche Security und Barbedienung, solide Bühnentechnik (ich kletterte beim Fotografieren darin herum), eine geniale Lightshow und perfekter Sound.

Es wurde eine kurzweilige Wartezeit. Mit der üblichen guten Stunde Verspätung erklangen schließlich zwei Rockfetzer hinter dem Vorhang, The Base verschaffte sich Gehör.

The Base, Norbert Wally und Karlheinz Miklin

Bevor mir jemand Befangenheit vorwirft, gestehe ich es gleich vorab: Ich bin zu einem großen Fan von The Base geworden, finde Norbert Wallys Stimme einfach großartig und habe mit ihm sogar ein Duett gesungen (siehe Foto). Allerdings bin ich bekannt dafür, mir weder vor Freund noch Feind ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Gerald Ganglbauer und Norbert Wally im Duett

Wenn nun vom Wetter die Rede ist kommt wohl gleich Crowded House der Finn Brothers aus Neuseeland mit dem Ohrwurm (Take the) Weather With You in den Sinn, dicht gefolgt von unserem eigenen, leider zu früh verstorbenen Joe Zawinul, der seinen Weather Report in die USA exportiert hatte. Vom Wetter zu sprechen, hat etwas triviales an sich, es steht als eine Metapher für Small Talk, wenn man sich nichts zu sagen hat.

Nicht so auf diesem neuen Album, wo es das Konzept eines Tagesverlaufes von wechselhaftem Wetter symbolisieren könnte. Als der Vorhang gefallen war, war der erste musikalische Sturm auch schon vorüber, es hellte auf und das Trio spielte sich durch Regen und Sonnenschein. Unscharf wie das Cover Artwork, aber so waren sie schon bei den vorausgehenden Alben: für jeden etwas. Die wüd’n Hadern wurden von zarten Balladen abgelöst, und ein bissl Französisch wird auch drübergestreut. Wally brillierte und zeigte den breiten Bogen seiner stimmlichen Kapazität, Miklin trommelte mit einer Präzision und Kondition ohne auch nur einen Schweißtropfen, die ich nur bewundern konnte (muss am Mountainbiken liegen) und Klinger trieb die Musik mit seinem Bass voran. Einige Songs der neuen Platte (wie schon zuvor gibt es auch diesen Tonträger auf Vinyl, CD und iTunes) waren bereits im Radio zu hören gewesen und ich wünsche der neuen Wetterstation noch viel mehr internationales Airplay und gute Wetterberichte.

The Base live im p.p.c., Graz 2015 | Fotos: Gerald Ganglbauer

PS.: Bei den im fast zweistündigen Konzert natürlich auch gespielten Tunes aus vorangegangenen Alben war es schön zu beobachten, wie viele der Zuhörer die Lyrics kannten und deren Lippen die Worte dazu formten. Sind ja auch schöne Stücke 🙂