C.W. Stoneking & His Primitive Horn Orchestra – Jungle Blues

King Hokum Records
Melbourne 2008

Eine Platte zu besprechen, die älter als das Baujahr meines MINI Countryman ist, gehört nicht zu meinen Gepflogenheiten, aber diesem Mann gebührt eine Ausnahme. Eine Einladung in den Paddo RSL Club erinnerte mich an den Australier, der sich freut, nach der Pandemie endlich wieder auf Tournee gehen zu können. Ich bedauere zwar, dass ich den Gig in Paddington nicht sehen kann, aber dafür habe ich einen ganzen Vormittag lang YouTube Musik Videos angeschaut, wie dieses vom Titelsong der LP.

Für mich ist dieser Export from Down Under gewichtiger als die Bee Gees. Eine Mischung aus Max Raabe und Tom Waits hat auch dieser geschniegelte weiß gekleidete junge Herr eine unverkennbare Stimme anzubieten. Wenn man, wie er, im Northern Territory mit seinem Vater in einem Aboriginal Stamm aufgewachsen ist, wird man entweder Stockman (so nenen Aussies die Cowboys) oder Rockstar. Letztere Laufbahn hat C.W. Stoneking erfolgreich eingeschlagen.

C.W. Stoneking on the mountain view stage, photo by David Owen 2009

Ich kenne übrigens seinen Vater, Billy Marshall Stoneking, ein Schriftsteller und Lehrer, von dem ich einige Poems veröffentlicht habe. Billy war mit seiner Frau aus den USA eingewandert und lebte einige Zeit in Katherine, NT, wo 1974 Christopher William zur Welt kam. 1997 ging C.W. nach Melbourne, wo 2014 das bislang letzte Album, Gon’ Boogaloo, mit seinem Primitive Horn Orchestra erschien.

Jetzt ist er wieder mit der alten Band auf Tournee. Schade, dass ich ihn nicht treffen kann.

»Sir« Oliver Mally & Martin Gasselsberger – This Is The Season

sir oliver records
Wagna 2014

THIS IS THE SEASON
time to shake off the cold
time to turn all gravel to gold
this is the season
learn to forgive – follow through
write this story anew
this is the season
there’s a silver lining to every cloud
let love in – let love out
this is the season
time to finally realize
no good thing ever dies
this is the season

Mally und Gasselsberger schaffen es auf diesem Album tatsächlich, ein sehr organisches „blaues“ Gefühl in Balladen und Liedern zu vermitteln, die sich ganz sanft und zärtlich im Körper ausbreiten. Zum Titelsong sagt Mally: Writing this song in the summer of 2013 was the best and most effective thing that I could do for myself…and for my mom! Kauft euren Müttern diese CD. Wartet nicht erst bis zum Muttertag. Kuschelt euch zusammen und hört zu.

»Sir« Oliver Mally – Strong Believer

Mono Recordings
Wagna 2012

The Austrian Bluesman is back with a red hot album straight from the blacksmith with the most intense of Blues and a pared down style that only the best achieve, schrieb Frankie Bluesy Pfeiffer, Oliver Mally is one of those Bluesmen who can never stay on the same path and this latest album is proof that this artist is forever changing, always looking for that perfect song, that perfect moment, behauptet Nathalie Nat‘ Harrap.

Auch mir fällt der ständige Wechsel des Südsteirers auf, aber ich denke, sich selbst immer wieder neu zu erfinden ist eine ganz großartige Eigenschaft. Das bedeutet nicht, dass der Hörer mit dem Gehörten gleichermaßen konform gehen muss. Die Scheibe ist nun schon eine ganze Weile am To-Do-Stapel und vielleicht liegt der Grund dafür nur teilweise am Zeitmangel, sondern daran, dass ich diese alte Bluestradition nicht mehr als zeitgenössische Gefühlslage nachempfinden kann und zögere, das auch zu schreiben.

Wir sind doch schon lange nicht mehr diese besoffenen, wehmütigen, „down with the Blues“ Barflies, die nicht wissen, wie sie am nächsten Morgen aus der Wäsche schauen, oder wie das letzte Tattoo entstanden ist.

Ich kenne Oliver zwar nicht persönlich, kann mir aber kaum vorstellen, dass diese Texte mit seinem Leben auch nur das Geringste zu tun haben. Von allen Frauen verlassen (kein Wunder, traditioneller Blues ist meist frauenfeindlich), ziel- und planlos im Dampf dahin zu dösen, nach durchzockten Nächten den Hangover zu kurieren, das sind bestimmt keine realen Situationen für den begnadeten Musiker, der aber genau weiss, wie er die Saiten zu quälen hat, damit er als Strong Believer an den alten Blues glaubhaft rüber kommt.

Wäre eine spannende Herausforderung, wie er den Blues mit heutigen Inhalten präsentieren würde.

»Sir« Oliver Mally & Frank Schwinn – Devils Monkeys Aliens

Mono Recordings
Wagna 2013

Der »Sir« (ich muss ihn einmal fragen wie er zu diesem »Titel« gekommen ist) eröffnete nicht nur das diesjährige MURTION Festival, sondern brachte in seinem Gepäck auch gleich ein neues Album aus der Südsteiermark mit. Seine Heimat bespielt er 23 Jahre lang, und jetzt war es so weit, die Früchte zu ernten. Das Durchhalten hat sich gelohnt, denn die Fans kamen zahlreich auf den Grazer Mariahilferplatz, um ihn zu hören.

Und er hat ihn, den Blues, seit den 90-ern, hat ihn genau so wie die Steirer Leo Kyséla und Ripoff Raskonikov. Nun, da er am 6. Februar 1966 in Wagna geboren wurde, ist er zwar etwas jünger als die Vorgenannten, musiziert jedoch in derselben Tradition, die die Traurigkeit des Blues Gitarristen auch und gerade in der „grünen Mark“ bis in das letze Winkerl ergriffen hat.

Warum auch nicht. Man liebt die sanften Balladen, man geniesst seinen Liebeskummer, man schwelgt in der Vergangenheit – und ein bissl ein Pfeiferl darf auch dabei herumgereicht werden. So ist das Leben, nicht wahr? Hart und weich zugleich, sagt Boris Bukowski. Und immer schön! Doch zurück zur vorliegenden Neuerscheinung.

„Devils Monkeys Aliens“ ist bereits das 23. Album des Künstlers, wenn ich mich nicht verzählt habe. Ob so viele Veröffentlichungen nicht schon inflationär bewertet werden, kann ich nicht beurteilen, weil ich ausser dem kürzlichen Live-Auftritt nur zwei seiner neueren CDs kenne, da in Australien leider nichts von ihm im Radio lief. Es ist kein gefälliges Album, obwohl es auf einer stimmigen Kooperation der beiden gekonnt bearbeiteten Gitarren von Mally und Schwinn basiert, wie das Video Beispiel „Devil’s Child“ aus dem Vorjahr recht deutlich demonstriert. Der Rhythmus der beiden Vollblut-Musiker fährt voll ab. Aber die Lyrics sind schwarz und böse.

Komponiert sind die Stücke zum Großteil von Oliver Mally selbst, einige von Frank Schwinn oder beiden Singer-Songwriters. Nur „The Cape“ stammt aus fremder Feder, nämlich Guy Charles Clark, Susanna Clark und Jim Janosky. Die elf Songs reihen sich in interessanten Abfolge. „Devil’s Gone Fishing“ etwa, oder „One Note And You’re Dead“ stehen vor „Nasty Habits“, dann ist man gar „Trapped“ und hat den „Monkey On My Back“ im „Jungle Land“. Schließlich lädt man ein „Aliens Please Come“, geht aber in 6:27 Minuten ohne zurückzublicken in „Ain’t No Looking Back“. Hört selbst.

»Sir« Oliver Mally & Frank Schwinn „Devils Monkeys Aliens“ | Foto © 2013 Gerald Ganglbauer, Video © 2012 Oliver Mally.