New releases heimischer Provenienz überfluten Herrn und Frau Österreicher. Warum tut man nichts dagegen?
Gefühle, Glück und Liebe mit einer guten Portion Schmalz sind die erprobten Zutaten des Schlagers. Des deutschsprachigen Hits, sozusagen, bzw. der Schnulze, die mit etwas Alkohol so schön mitgegröhlt werden kann. Antonia ist ein gutes Beispiel. Sie nennt ihren Schwachsinn „Volksmusik“: Ich bin die Sexbomb von Austria und überall bekannt. Leider. Kriterium für den Zusatz „Austro-“ zu Rock oder Pop ist dann nur noch ein österreichischer (anfangs wiener) Dialekt.
In den 70er Jahren war Austropop noch kein Schimpfwort. LPs von Wolfgang Ambros und STS drehten sich auf allen Plattenspielern der Nation und das war gut so. Lieder zu machen, deren kluge Worte man verstand war das Motto, einfache Gitarrenbegleitung inklusive. Über die Grenze nach Deutschland machten es Klaus Lage, Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer, Konstantin Wecker und wie sie alle hießen vor, wie man anspruchsvolle Inhalte in lebendige Musik verpackt.
Was ist heute anders? Ein Großteil der Musik wird nicht mehr gespielt, sondern am PC komponiert bzw. programmiert. Ein Großteil der Texte wird für den kleinsten gemeinsamen Nenner geschrieben. Und da Boom-Boom und Hump-ta-ta so einfach zu produzieren sind, gibt es einen Wildwuchs an Tonstudios und hoffnungsvollen Stimmakrobaten, die mich mit ihrem Schrott belästigen. De gustibus non disputandum est sagt der Lateiner völlig richtig, nur geht es hier nicht um Geschmack, sondern um gezielte Volksverblödung, die immer deutlicher wird, weil man vor den realen Geschehnissen unserer grausamen Welt in die warme Nische einer Schnulze flüchtet.
Gott sei Dank finden sich immer noch junge Liedermacher auf der anderen Seite von Ö3 und den Regionalsendern, – Bertram, Endless Wellness und Buntspecht seien auf FM4 als Empfehlungen hervorgehoben, – denn sonst müsste man glatt verzweifeln. Halt, das stimmt nur teilweise, denn zwischen Himmel und Erde leuchten noch unzählige andere Genres, die darauf warten, mit allen Sinnen erforscht zu werden. Hört euch um, bevor Artificial Intelligence alle Musik 2084 zu einem Einheitsbrei werden läßt.