Köhder – Köhder

Cooks Records
Graz 2021

Ich hörte die Band live im tube’s, dem kleinen Jazzclub, der die benachbarte ehemalige Generalmusikdirektion zu ersetzen versucht. Der Venue mag vielleicht irreführend sein, denn KÖHDER ist eine Grazer Indie Rockband. Seit ihrem hier vorliegenden selbst betitelten Debütalbum und als Warmup für „Bilderbuch“ nicht mehr gänzlich unbekannt, basteln die vier Mannen bereits an einem zweiten Album.

KÖHDER sind Valentin Aigner am Bass, Florian Köhler Gesang und Gitarrre, Raphael Meinhart am Schlagwerk und der vielseitige Bernhard Neumaier, Posaune und diverse Tasten. Damit wird mir klar, warum mir zwei der Gesichter so bekannt vorkamen. Des Sängers Brotberuf ist Schauspieler am Grazer Schauspielhaus, den Schlagzeuger kenne ich als virtuosen Marimba-Spieler aus der Postgarage.

25. März 2022

Eine Rockband also, die zur Hälfte prominent besetzt ist und deutschsprachige Lieder entbietet, die allesamt von Florian Köhler getextet und komponiert wurden. Nur ein Schauspieler kann sich so viel schrägen Text merken und mit geübter Stimme rezitieren. Der Zuhörer ist manchmal überfordert, denn leider findet man keine Lyrics zum Mitlesen.

Die Lieder sind ausgetüftelt von Bernhard Neumaier mit produziert, rhythmisch dank Raphael Meinharts präzisem Beat, der auch seine Marimba einspielt, und das Album Artwork ist von Valentin Aigner, womit jeder der Vier sein Schärflein zum KÖHDER Debüt beigetragen hat. Die vier auf der CD Hülle abgebildeten älteren Herren sind es jedenfalls nicht. Scherzkekse.

Eure Väter?!

1zu1 – ehrlich

ATS Records
Molln 2022

Das Album des Linzer Duos wurde mir digital zur Besprechung geschickt. Es kam zu einer Zeit, wo es tagtäglich Releases nur so regnete, weshalb es etwas liegen blieb. Als ich es öffnete, war darin nur einer von 14 Titeln, aber der interessierte mich ausreichend, um es auf einem Tonträger zu bestellen.

Doch wer sind 1zu1? Gudrun Rubini und „St. Ananas“ zeichnen für alle Songs verantwortlich, mit musikalischen Helfern nur auf den Tracks „zuhause“ (Harald Zuschrader, Mitbegründer von „Eela Craig“, von der Band hab ich zwei LPs) und „wíe der wind“ (Ronald Iraschek alias Ronnie Urini und Christian Brand). Diese minimalistische Besetzung sagt einiges, wie auch die Liebe für Pseudonyme.

Die Künstler selbst nennen „Sex, Rock und Liebe“ als die Zutaten zu ihrer Musik und ich kann mir vorstellen, dass Zuhörer bei einigen Songs durchaus guten Sex haben könnten. 1zu1 geben aber zu, dass das Album auch Spuren von Moral und Kritik enthalten könne. Welchen Reim soll man sich darauf machen? Hören wir also rein.

Solider Pop Rock ist das Genre, die Lyrics sind auf Deutsch und würden ein Leaflet vertragen, weil sie manchmal verwaschen klingen. „lass dich doch küssen“ ist eine Anleitung zu Oralsex und ein guter bonking-song / l’amour hatscher. „ich bin ich“ wird etwas schneller und rockiger. „zuhause“ hat Schlager Qualität und kann mit leichter Schräglage auch am Wirtshaustisch gegrölt werden. „halt mich“ ist endlich eine moralische Manifestaion: halt mich fest und lass nicht los … nie wieder, nie wieder, nie wieder.

„motorbootverbot“ erinnert entfernt an eine Verschmelzung von Kurt Gober mit Peter Weibel. Die besten Songs sind schon geschrieben, behauptet der 6. Track. Darauf folgen in unterschiedlichsten Ausführungen weitere Nummern, bis „ehrlich“ nach einem schönen Südseetraum abrupt mit einem digitalen Weckruf verstummt.

Nun will auch ich ehrlich sein. Radioplay und Plattenverkauf wird wohl bescheiden ausfallen, aber ohne das Duo zu kennen kann ich mir sehr gut vorstellen, dass 1zu1 gut und gern live Konzerte in Oberösterreich spielt und dort seinen Fanklub findet.

Catwalk – Out Of Nowhere

7hard, a division of 7us media group GmbH
Graz 2016

Seit den späten 80ern bis in die 10er-Jahre folgte ich den Songlines Australiens, hörte Triple-J Radio, lernte Midnight Oil in Byron Bay kennen und liebte live Musik in Clubs und Pubs. Ich erlebte Mega-Festivals wie „Wave Aid“ in Sydney und „Big Day Out“ in Perth. Dabei entging mir, dass auch im kleinen Graz Großes rockte. Nach meiner Rückkehr hatte ich daher viel nachzuholen, denn hier wurzelte nicht nur Weltklasse-Jazz, sondern solider Gitarren-Rock, Indie und Alternative, Metal und der ganze Wildwuchs meiner Generation.

Mittendrin in der Szene waren auch Catwalk, eine stark fluktuierende Formation rund um Johnny Schwarzinger. Der vielsaitige Bassist und Sänger brachte seit 1987 Top Musiker unter dem Motto: Nix Tschäss, Nix Fank, Nur Rak ’en’ Roul! in seine Band. Obwohl Catwalk nie aufgelöst wurde, gab es viel „Stop-and-Go“ in der Chronik der Band. Zuletzt nach 10 Jahren Stop ein deutliches Go mit dem vorliegenden Album „… Out Of Nowhere“.

Auf dem Cover der 2016 erschienenen CD erkenne ich Mario Pohn, den ich 2019 als fingerfertigen Gitarristen bei Badhoven kennen lernte. Er wurde mittlerweile von Roland „Josh“ Joham ersetzt. Die beiden anderen Gesichter sind mir nicht bekannt: Norbert Steinkellner, Keyboards und Stefan Reiterer, Drums, Bandmitglieder der Urbesetzung.

Eines vorweg: dieses Album braucht gar nicht besprochen zu werden, es besteht zu 100% aus reinem Rock. Heute würde man es Retro-Rock nennen, aber das ist ja das Gute am Älter werden, man sammelt immer mehr Erfahrung mit Klängen. Johnny Schwarzingers Stimme mit dem Markenzeichen-Tremolo ist genau im richtigen Klangteppich verwebt mit den anderen Tonkünstlern, allesamt Profis, auch wenn heute der Kurzhaarschnitt kein Headbanging ermöglicht.

Rockmusik in 13 Songs über eine Stunde und 13 Minuten ist auf diesem Album zu hören, fetzige Songs, alles Eigenkompositionen, mir fehlen nur mehr starke Balladen wie Shadow of a Shade. Auf der Band-Website liest man: „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, genau das zu machen wofür wir in der letzten Epoche bekannt waren. Geniale Songs, perfekte Live-Shows und Power ohne Ende.“ Damit ist doch schon alles gesagt.

Gerald Ganglbauer

PS.: Die Band plant ein erneutes Comeback am 27. Februar 2021 bei einem Wohltätigkeitskonzert in Stattegg.

Einzelheiten im Gangway Cult-Mag und Tickets im Web Shop des Veranstalters. Am besten gleich Karten kaufen.

Morak – Leben frisst rohes Fleisch

Hoanzl Records
Wien 2018

Schade, dass Franz Morak just an dem Tag der Eröffnung des Grand Hotel Abyss (steirischer herbst) in seiner Heimatstadt Graz im Dom im Berg gastierte. Ich hätte mir das mittlerweile 73-jährige Chamäleon nur allzu gern angeschaut. Lange war vom Burgschauspieler nichts mehr zu hören, lange her, dass er eine Funktion als ÖVP Staatssekretär in der Bundesregierung innehatte (25 Jahre), noch länger (40 Jahre), dass ich zu seinen Liedern tanzte (ausflippte, wie das damals hieß) und unbedingt nach Mozambique wollte.

Ich wär so gern in Mozambique
wo die bunten Papageien
und Mademoiselles in Karamell
schrill ihre Liebe schrein

(Mozambique, 1980)

Ich bin dann doch nicht nach Mozambique geflogen (mein Leben ging andere Wege), aber ich konnte mich an jedes Wort seiner Lyrics erinnern, als ich in Ermangelung eines Konzerteindruckes seine alten LPs auflegte und bei seinem Wiener Label die neue CD bestellte, auf die ich sehr neugierig war. Drei Tage später läutete stürmisch die Klingel. Das Paket von Hoanzl Records war da: ein Vinyl Album!

Zwischen diesen Platten liegen rund 4 Jahrzehnte

Die schwarze Scheibe musste sofort auf den Plattenteller. Einmal, zweimal querhören, was so aussergewöhnlich daran ist, dass ein Rocksänger mit 70 noch eine Platte macht. Ich hab mir extra eine alte TV Show angeschaut, wo er zu Gast bei Phettberg war, um zu behirnen, was diesen Franz Morak antreibt. In den 80-ern war seine Musik wichtig für die Selbstdarstellung auf der Tanzfläche. Je wilder der freie Tanz, je mehr Tanzboden man mit seinen Sprüngen eroberte, desto mehr Aufmerksamkeit erhielt man von den Mädels. Und wenn man dann noch bei „Ich bin so einsam, ich könnte schrein“ mitsang, ging man sicher nicht alleine nach Hause. Er muss auch einsam gewesen sein, der Franzi als zarter Junge, dem so verrückte Worte in den Sinn kamen, die ein aufstrebender Tastenkünstler namens Peter Wolf saftig eingerockt hat.

Das war damals, aber was kann diese Scheibe heute? Er ist kein Leonard Cohen, der im Grab noch gut klingt, auch kein Klaus Nomi, der vor seinem frühen Tod alles gegeben hat. Er ist nur zehn Jahre älter als ich und dennoch so anders. Ein bisschen wie Boris Bukowski vielleicht, aber die theatererprobte Stimme wird brüchig. Die andere Hürde einer Besprechung seines Albums ist das fehlen jeglicher Stilrichtung. Die Texte sind zwar alle von Morak, schön seine Rezitation „Im Anfang oder die Krokodile des Dow“, aber Christian Kolonovits, ein weiteres Urgestein des Austropop, hat mit seinen Kompositionen, von Liedern, Balladen, Hip-Hop und Disko bis zum aktuellen 10-er Jahre Pop alle und keine Richtung eingeschlagen. Ich behauptete schon zuvor, dass Morak ein Chamäleon ist, viel bunter als seine schwarze Zwischenzeit. Was er wohl seither gemacht hat?

In meiner Plattensammlung, wie in fast jeder der Baby-Boomer, sind „Schizo“ (1980) und „Sieger sehen anders aus“ (1983) zu finden, wegweisend, kritisch, spöttisch, tanzbar … wird „Leben frisst rohes Fleisch“ bei der heutigen Jugend auch auf ihre Playlists kommen? Digital natürlich, denn wer ausser DJs dreht denn noch Platten um? Ich glaube nicht. Die Tiere aus diesem Zoo hinterlassen keine Spuren, er hat kein Mitleid mit den Wölfen, weiß auch nicht, warum er noch so fröhlich ist, das fragten sich schon viele, aber die Ratten verlassen das Schiff noch nicht, das wussten The Base bereits 2013.

nur auf diesem
großen weißen schiff
[…]
is keine einzige miese
kleine beschissene
ratte zu sehen
oder?

(Ratten)

Oversexed and underfucked ist ein „It-Girl“ in einem von wenigen englischsprachigen Songs. Aber schon in der gesprochenen Einführung „Im Anfang oder die Krokodile des Dow“ erfahren wir den wahren Grund der Schöpfung: das liebe Geld.

und er schuf den menschen nach seinem bilde
und er schuf ihm ein weib und alles brot und alle spiele
und viele viele krokodile

(Im Anfang oder die Krokodile des Dow)

Warum Krokodile? Es reimt sich einfach trefflich auf alle Spiele. Klischees, die irgendwie aber doch nicht abgelutscht sind, weil er sie verdreht oder den Kontext ändert. Die Würfel sind gefallen, alea iacta est.

Aha soso jaja.

Dennoch: ich mag sein Aufbegehren im hohen Alter, wenn man sich auf den Abgang vorbereitet und noch schnell ALLES machen will, sein Leben zusammenräumt und die ganze Bucket-List erledigt. Mir geht es so ähnlich mit meinen Zeitschriften, Büchern und dem Album mit den Duetten. Ich werde Franz Morak fragen, ob er nicht eines oder zwei auf dem „Volume Two“ mit mir aufnehmen will.

´

Info www.franzmorak.at

Wolf Prayer – Echoes Of The Second Sun

Barhill Records
Berlin 2019

Die Fotografie der drei bärtigen Herren erinnert mich an eine Sandsteinwand in Südaustralien, aber wie mir die Fotografin (und Co-Songwriter) Lisa Brehe-Krokowski bestätigt, sei das Foto in der Pfalz an einem kalten Tag im Januar irgendwo im Pfälzer-Wald vor einer Felswand entstanden.
Aber auch den Namen der Band assoziiere ich mit Wolfmother, auch wenn ich gar nicht so vertraut mit deren Œuvre bin, um musikalische Parallelen zu suchen.

Jan Sprengard, Tim Hansen und Matthias Schorr sind jedenfalls Berliner in klassischer Rockband-Besetzung – Gitarre/Gesang, Bass, Schlagzeug – und haben vermutlich nie mit den seit beinahe 20 Jahren erfolgreichen Kollegen aus Erskineville (meiner alten Nachbarschaft in Sydney) zusammen gespielt.

Der Wolf als mythisches Symbol ist jedenfalls beiden gemein, sogar das Echo der zweiten Sonne könnte aus der südlichen Hemisphere kommen. Aber egal, da die Lyrics nirgends zu finden sind, können sie nicht solches Gewicht haben. Indianische Mythologie wird am ehesten noch im Artwork von Timur Khabirov ausgedrückt.

Wolf Prayer | Foto: Lisa Brehe-Krokowski

Alternative Rock ist das Handwerk der Musiker, das zu beherrschen sie mit ihrem Debütalbum 51 Minuten lang ausführlich demonstrieren. Mit verzerrter Gitarre, einer Stimme die ein Rudel Wölfe herbeilocken könnte und auch manchmal wie Andrew Stockdale klingt, einem Bass den man im Bauch spürt und harten Schlägen auf die Trommelfelle. Das erwartet man auch von Stoner Rock oder ähnlichem Retrosound bis dann mit „According To The Rule“ ein überraschend sanftes Stück den „Krach“ unterbricht. Beim zweiten Durchhören fiel mir bei „Shapeshifter“ auch Dancing With Wolves ein.

Wäre interessant, die Jungs live zu erleben. Im Moment touren sie durch Deutschland und vielleicht rocken sie auch mal in meinen Gefilden.

Band Info: www.wolfprayer.de

Badhoven – All the World’s a Fake

ATS Records
Molln 2019

Badhoven-Cover

Badhoven machen seit über 20 Jahren soliden (Retro-)Rock mit englischen Lyrics, haben in Graz eine kleine aber feine Fangemeinde aus Heavymetalrockfans in meinem Alter, aber sind international kaum bekannt. Rammstein machen seit über 20 Jahren soliden deutschsprachigen (Industrial-)Rock, haben weltweit Millionen meist jugendlicher Fans und bespielen die großen Bühnen der Welt vom Madison Square Garden in New York bis zum Big Day Out in Australien (wo ich sie 2008 live erlebt habe). Ein unfairer Vergleich?

Badhoven haben zu ihren Hits low-budget Videos gemacht, die nett sind aber niemand vom Hocker reissen, Rammstein haben provokante Minifilme in Hollywood Qualität zu ihren Liedern gedreht, von Computer generierten Bildern in Dante’s Inferno über einen Dicke verarschenden Auftritt in Fettanzügen bis zu „Deutschland“, in dem überhaupt alle Klischees der Deutschen Nation überspitzt werden, und schließlich zu einer Afrika-Reise im jüngsten Clip „Ausländer“. Wieder ein unfairer Vergleich?

Badhovens Lead Singer Kurt Christian ist ein höflicher, gut aussehender Mann mit einer großartigen Rockröhre, der keinen Wert auf eine schrille Lightshow legt. Rammsteins Till Lindemann macht auf häßlich und inszeniert sich auf der Bühne mit brachialer Gewalt und viel Feuer und Flamme in einer einzigartigen Show, von der man noch lange spricht. Dabei hat er eigentlich keine gute Singstimme, sondern einen tiefen, mit dem „R“ rollenden Sprechgesang.

Der geneigte Leser weiß mittlerweile, worauf ich hinaus will. Badhoven sind brave Jungs – davon zeugt allein schon eine ganze Seite Danksagungen, Rammstein böse Kerle – die aber dafür die große Kohle machen.

Soweit die etwas ausschweifende Einführung zum Melodic Hardrock der fünf Grazer, mit denen mich eine Freundschaft verbindet, seit wir zusammen zwei Nummern für die „Parkinsong Duets“ aufgenommen haben, die auch auf ihrem neuen Album als Bonustracks zu finden sind.

badhoven at mo.xx - 40
Mario Pohn, Gerd Sojka, Kurt Christian, Gerald Ganglbauer, Flo Verant und Gerhard Paar

Ich bin mit Rockmusik aufgewachsen, also mit Krautrock, Psychodelic Rock, Symphonic Rock, lange bevor aus dem Headbanging „Tanzmetall“ (Eigenbezeichnung Rammsteins) wurde. Mir bedeuten diese Schubladen eigentlich nichts, denn meine Kriterien sind viel einfacher: Entweder drehe ich auf – oder ab.

Badhoven spiele ich laut. Womit alles gesagt ist, denn für Details wie die coolen Gitarrensoli von Mario Pohn (2021 ebenbürtig ersetzt durch Günter Schablas), den treibenden Bass von Flo Verant, den geilen Retrosound von Gerhard Paar an den Keys, oder die Drumstick-Akrobatik des Schlagzeugers Gerd Sojka bin ich zu befangen.

„All the World’s a Fake“ (der Titel ist inspiriert von der steigenden Zahl von Fake News) ist definitiv ein hörenswerter Stream oder Download für Rockfans. Auch zu haben als CD im 6-seitigen DigiPak mit der Grafik von Andy Gangl.

Bandseite: badhoven.com

Nature – Walk the Edge

FabSoud Records
Wien 2019

nature---walk-the-edge-cover

nature (kleinschreibung) ist eine ganz junge Band aus Wien, die ich noch nie gehört, gesehen, geschweige denn gekannt habe – und dennoch versuche ich mich an einem kleinen Hinweis, weil mir deren Debüt Single „Walk the Edge“ gefällt.

Österreich ist in der Tat begnadet mit grossen Söhnen (und Töchtern, selbstverständlich) und diese jungen Herren Michael Burger (Vox), Andy Liu (Git), Rich Messner (Bass), und Mathias Holzner (Drums) zählen mit ihrem Erstling schon jetzt zu jener Kategorie.

Der Pressetext spricht von „Rock Pop vom Feinsten, der unter die Haut geht“, jedoch müssen die Newcomer am 8. Mai  im WUK (Wien) mit einem Konzert erstmal den Beweis antreten, dass das weit auch weit über die 04:17 des ersten Songs hinausgeht. Danach kann der Download losgehen.

nature---press-photo
Photography by Ben Leitner

High Brian – Brian Air

StoneFree Records
Graz 2019

Brian.AirPaul Berghold, der Drummer der Band, begrüßt mich backstage im p.p.c. wie einen alten Bekannten. Der Grazer ist nicht nur für das Schlagzeug zuständig, sondern auch für das Meet ’n‘ Greet aller Gäste der Album Release Show. Ganz im Stil einer Airline folgt die junge Band den Vorgaben ihres Konzeptalbums „Brian Air“, dem Nachfolger des Debüts vor zwei Jahren. Ich muss zugeben, dass ich High Brian bis dato nicht geortet hatte, freue mich aber, dass sich das nun wie im Flug geändert hat.

Paul hatte die Bandmitglieder – Benedikt Brands, Gitarrist, Sänger und Komponist aus Hamburg, Nils Meyer-Kahlen, Lead Gitarrist mit Heimatstadt Stockholm und Patrick Windischbauer, Bassist aus Linz,  jeder von ihnen ist Brian – während des Toningenieur-Studiums an der TU-Graz kennen gelernt. Sie spielten einige Jahre in einem Proberaum im Keller der Papierfabrik (wo mir auch schon Saint Chameleon, Downlovers und VIECH über den Weg gelaufen sind) dann machten die Vier, die sich den Beatles und Beethoven (Ludwig van, nicht Badhoven) verwandt fühlen, “Hi Brain” (2017) und klingen darauf wie Wolfmother, meine Landsleute aus Down Under. Ich habe dieses Album nicht gehört um den Vergleich bestätigen zu können.

Doch zurück zum Abflughafen: “Brian Air – not the safer, but the higher way to fly”, behauptet die Plattenfirma und ich will dem Zitat gerne glauben, in Bezug auf die jüngsten Flugzeugabstürze. Musikalisch etwas mehr “psychedelic Rock” (im Sinne des Sergeant-Pepper-Albums) wird auch behauptet, läßt sich aber schwer nachprüfen, da der Gesang im Live-Konzert kaum zu verstehen ist und den Tonträgern LP und CD in limitierter Auflage kein Booklet mit den Texten beiliegt.

Ich muss mir nach dem Live-Erleben erst noch die Studioversion ein paarmal anhören. Mich haben sie zeitweise an Wishbone Ash erinnert, aber das ist lange, sehr lange her. Nett fand ich zwischen den acht Songs die gelegentlichen Ansagen des Flugkapitäns und erwähnenswert auch das Set mit den Konturen eines Jets aus programmierten Lichtbändern.

Aber das Geilste wäre ein Rooftop Konzert. Nicht nur eines wie es viele Bands von den Beatles bis zu The Base schon gespielt haben, sondern als Brian Air Crew vor der Boeing 727 am Dach des Novapark Hotels.

Die Band legt übrigens Wert auf den Umstand, dass sie mit diesem Album kommerzielle Luftfahrt nicht unterstützt. Folglich müssten sie für eine USA Tournee in zwei Jahren auf der “HMS Brian” über den Atlantik. Schiff ahoi!

Tiger Family – Tarantoga

Pumpkin Records
Wies 2018

Paul Pfleger, der im Tiger Familienbetrieb die Felle bearbeitet, hatte mich zum Album Release Concert eingeladen. Da ich die junge Band schon einmal in der Provinz gehört hatte, war ich neugierig genug, um mir das zweite Werk genauer anhören zu wollen. Man lud in den Guest Room, den ich nicht kannte und das Poster weder Adresse noch Beginnzeit preisgab. Auf Facebook wurde ich fündig, der Venue sei in der Beethovenstraße und beginne um 19 Uhr. Ich war knapp dran und schaffte es gerade mit der akademischen Viertelstunde, den unscheinbaren Kellereingang zu finden, Oje, ich hörte schon Musik aus dem Gewölbe und hatte nun den Anfang verpasst … Doch nein, die Jungs waren beim Soundcheck und ich war der einzige Gast. Das war wie eine private Show!

Tiger Family beim Soundcheck im „Guest Room“

Die Band ging danach erstmal einen Happen essen und ich wartete geduldig im Gastgarten nebenan und hatte kurzweilige Gespräche mit anderen Gästen, die schön langsam bis 22 Uhr eintrudelten. Als sich der Keller mit genügend Zuhörern und Rauch gefüllt hatte, ging es dann fast unbemerkt los. Zwei Stücke wurden gespielt, die gar nicht auf dem Album waren, aber das schien nicht so wichtig zu sein. Ich hatte nur den „Saint Traveller“ zuvor auf YouTube gehört, und dieser Tune gefiel mir. Es erinnerte an Country Music aus der Zeit von Crosby, Stills, Nash and Young, vielleicht wegen der Slide Guitar oder der wie beiläufig begleitenden Stimme. Der sechsköpfigen Band, einer Großfamilie mit Verwandtschaft bei Spring and the Land und Stereoface schien es  – wie schon bei der Beginnzeit – ganz und gar nicht um lange geübte Präzision zu gehen, sondern um den Spass, wovon so manch ein daneben gegriffener Ton zeugte. Aber Chillen ist eben wichtiger, als Versprechen einzuhalten, wie z.B. mir am nächsten Morgen gleich das Pressematerial zu schicken, auf das ich heute noch warte. Aber es geht auch ohne, wie man sieht.

PS.: Versucht erst gar nicht, eine CD irgendwo zu kaufen. Tarantoga gibt es nur als Download oder als LP. Ich gebe gerne zu, dass Vinyl Records cool sind, aber die Vorzüge des digitalen Speichers sind einfach unschlagbar. Nur die kleinen Heftchen mit Lyrics, Credits und was einer Band sonst noch wichtig erschien, gibts ohne CD nicht. Dabei könnte man das genausogut auch einer mp3 Version als PDF beilegen. Nur so als Idee.

Stereoface – Jaws

Album Release

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, heisst es. Als ich Paul Pflegers neues Album Jaws auflegte, musste ich mich erst einmal vergewissern, dass ich die richtige Tonquelle gewählt hatte, so sehr überrascht war ich von der Musik seiner Band Stereoface. Was da aus den Lautsprechern kam, war feinster Rock, der aus den 70er/80er Jahren  hätte sein können. Nun ja, man muss wissen, Pauls Vater Ewald „Sunny“ Pfleger ist Gitarrist und Songschreiber bei OPUS. Ich habe beide einmal gemeinsam bei einem Benefizkonzert in der Grazer Oper auf der Bühne gesehen. Dass Paul die Plattensammlung seines Papas gehört und diese Songs sehr genau studiert haben muss, war, wie gesagt, eine Überraschung. Schließlich erwartet man vom Nachwuchs Hip-Hop, Techno oder sonst etwas elektronisches … eben alles, nur nicht Rockmusik mit „richtigen“ Instrumenten, wie sie noch von ihren Eltern gespielt wurden.

Mitbegründer Nino Kadletz, sowie Antonio Marghariti, Günther Paulitsch und Lukas Schneeberger sind die weiteren Bandmitglieder, die uns mit Jaws ein Album vorlegen, das zwar von der Musik der Altvorderen ausgeht, aber beim genauen Hineinhören sehr eigenständig mit den Instrumenten einer klassischen Gitarren-Rockband umgeht. Immerhin ist es das fünfte Album, das die Grazer Band in zehn Jahren produziert hat.

Graz rockt

Was in Baby Be My Valium unscharf an Black Sabbath erinnert, wird in You Bark I Bite und Superhuman Inhumanities ein bisschen zu Nirvana. Oder Oasis. Aber was soll’s, die Tunes auf Jaws sind doch einzigartig und You Ain’t Old Enough könnte sogar in die FM4 Charts passen.

Alle Titel auf dem Album werden von den durchgehend englischen Lyrics Paul Pflegers „gestimmt“ und entweder von einem groovigen Bass oder schnellen Drums getrieben, bis auf den etwas unruhigen Tune Sharks, der nicht Fisch nicht Fleisch zu sein scheint.

I Don’t Wanna Be Free hat einen Touch Metal, aber Sharksheep (I Don’t Wanna Know You Too) gönnt dem Album ein sanftes Ende. Alles in allem ist Jaws von 30+ bis 60+ durchaus  tanzbar, analog auf Vinyl zu haben, jedoch auch digital bestens geeignet, im Autoradio etwas lauter gehört zu werden.