Dhafer Youssef – Street of Minarets

Back Beat
Wien 2023

Dieses Album ist ein Geschenk für Träumer und Kämpfer.
Für Lebenshungrige, die niemals aufgeben.
Für jene, die im Schatten kämpfen, würdevoll, unerbittlich und unsichtbar.
Für einen jungen Dhafer, bewaffnet nur
mit seiner Oud und Notenblättern, in einer eiskalten Nacht in Wien.

Das sind die ersten Worte in Dhafer Youssefs „Geständnis“, einem langen Text, der im Album abgedruckt ist. Es ist seine Geschichte, der berührende Bericht eines tunesischen Teenagers, der seiner Heimat entwurzelt in Wien strandet und sich mit seiner Musik über Wasser hält, bis hin zum Zustandekommen dieses Albums.

Auch in der CD nur mit einer Lupe lesbar

Was für uns in die Schublade Weltmusík gelegt wird, war für diesen Jugendlichen seine Folklore, die er später mit Jazz fusioniert und mit 50 plus auch Dank seiner Freunde aus der internationalen Jazzszene in dem Album „Street of Minarets“ sammelt, das höchsten Hörgenuss garantiert, auch wenn man des Arabischen nicht mächtig ist und noch nie einen Derwisch tanzen gesehen hat.

Die zwölf Kompositionen, so unterschiedlich sie auch sind, stammen allesamt aus der Feder Dhafer Youssefs, der auch die Oud spielt und seinen Gesang unglaublich verändern kann, congenial begleiten ihn dabei große Namen wie Herbie Hancock, Rakesh Chaurasia, Ambrose Akinmusire, Nguyên Lê, Dave Holland, Adriano Dos Santos Tenorio und Vinnie Colaiuta.

Street of Minarets ist Jazz in seiner schönsten Form, Jazz in weltweiter Breite.

Infos – dhaferyoussef.com

Moritz Weiß – Vocal Klezmer Sounds

Preiser Records
Wien, 2021

Moritz Weiß, Georg Kroneis, Stefan Steinhauser, Maximilian Kreuzer und Momentum Vocal Music

Der Klarinettist Moritz Weiß gilt als der Inbegriff von steirischem „Klezmer“, den er mit seinem Trio in jiddischer Tradition, durchmischt von contemporären Experimenten sehr lebendig darbietet. Dieses Album fällt aus der Reihe, greift es doch auf die mittelalterliche Musik der Hildegard von Bingen zurück. Ein derartig multikulturelles Oratorium bekommt man selten zu hören, obwohl mir Musiker einfallen, auf die man durch unkonventionelle Kollaborationen aufmerksam wurde. Jan Garbarek sei erinnert mit Officium, einer Fusion von Jazz mit Gregorianischem Gesang. Ähnlich geheimnisvoll mutet diese 54:55 lange Komposition in drei Sätzen an, die vor allem durch die Stimmen von Momentum Vocal Music verzaubert.

Ursprünglich bezog sich der Begriff klezmer auf die Musiker. Erst seit der Wiederbelebung dieser Musik in den USA in den 1970er Jahren wird der Begriff zur Bezeichnung der musikalischen Stilrichtung verwandt. Bis dahin wurde diese Musik zumeist „jiddische“ Musik genannt. Unter Klezmer versteht man vorwiegend instrumentale Musik. Daher ist „Vocal Klezmer Sounds“ eine Ausnahme mit Seltenheitswert. Kein Lebender weiss, wie sich „Alte Musik“ anhörte, man kann sich nur aus Überlieferungen und den Instrumenten der Zeit eine vage Vorstellung davon machen. Dem künstlerischen Leiter Simon Erasimus scheint das gelungen zu sein.

Die Besetzung: Moritz Weiß – Klarinette, Komposition, Georg Kroneis – Viola da Gamba, Stefan Steinhauser – Gitarre, Maximilian Kreuzer – Kontrabass, Momentum Vocal Music – Stimmen.

Gerald Ganglbauer

Alma – Oeo

col legno music
Wien 2017

… irgendwo zwischen Heimaterde und einem dunklen All.“ (Valerie Fritsch)

Wenn man  Transalpin, Almas zweite CD, sehr spannend fand, schraubt es die Erwartungshaltung für ein drittes Album hoch. Wenn man dann noch lange Zeit auf die Zusendung gewartet hat, steigt sie bis ins „dunkle All“. Dieser hohen Anforderung, aus drei Violinen, einer Knöpferlharmonika und einem Kontrabass etwas absolut Neues zu kreieren, wird Oeo nicht gerecht. Alma greift mit diesem Album nach den Sternen, aber verliert sich darin, ohne sie zu erreichen.

Ich habe die CD gleich aus dem Postkasten ins Auto mitgenommen, jedoch beim ersten Abspielen nichts gehört, was meine Aufmerksamkeit von der Straße abgelenkt haben könnte. Oeo ist eine brauchbare Sammlung bodenständiger Hausmusik, vom Jodler bis zum Landler mit einem Schuss Gegenwart, nervt und/oder langweilt gelegentlich auch inmitten schier endloser Schleifen und bietet keine wirklichen Überraschungen. Die instrumentalen Möglichkeiten eines Quintetts sind klarerweise begrenzt, also müssten die Stimmen aushelfen, aber davon gibt es wenige auf Oeo. Mir fehlt das harmonische Jodeln von Transalpin. Erst auf dem Rückweg fiel mir dann ein Stück mit Gesang auf, „Questa Mattina“, ein italienisches Volkslied. Danach plätschert es wieder weiter bis zum „unbekannten Frieden“, einer Träumerei außerhalb unseres Planeten, und versickert.

Tut mir leid, ich hätte Oeo sehr gern gelobt, aber ich kann es nicht. Ich hoffe aber, dass die Band dies als konstruktive Kritik auffasst und im vierten Album wieder ihren Weltmusik-Kurs ins Universum einschlägt.