Glass Animals – How to be a Human Being

Universal Music
Wien 2016

Ich hatte plötzlich Lust auf Pop. Nein, ich werde mein Radio nicht auf Ö3 zurück drehen. Nicht einmal im Auto. Aber ich bin neugierig, was den Erfolg von Popmusik ausmacht und höre einmal genauer hinein. Nach dem Erfolgsalbum „Zaba“ ist nun das zweite Album der englischen Indie-Rockband Glass Animals erschienen. Glass Animals sind eine Band, die im großen, vielfach als eintönig abgetanen Indie-Pop-Kosmos einen ganz eigenen „abgedrehten“ Sound kreiert hat, hört man. Ich kannte sie nicht, aber irgendwie habe ich dabei an Stevie Wonders „The Secret Life of Plants“ (1979) denken müssen, wie es sich heute vielleicht angehört hätte.

Verpackt ist die Scheibe recht hübsch und wie es sich für Indie gehört in Papier, nicht Plastik. Man bekommt ein Heft mit den Lyrics dazu, dazwischen Fotos von ganz normalen menschlichen Wesen (Dave Bayley und die Band) in 50er Jahre Settings. Alles sieht handgemacht aus, in erdigen Farbtönen und Pixel-Look von Mat Cook.

„Life Itself“, die erste Nummer von „How To Be A Human Being“ brennt sich mit seinen Jungle’esken Drums und dem eingängigen Popsound Stück für Stück tiefer in die Gehörgänge. „The Other Side Of Paradise“ habe ich sogar schon auf FM4 gehört. Pop passt also überall hin. Vielleicht ist es einfach nur wichtig, den Chorus in angenehmen Harmonien endlos zu wiederholen, bis man ihn nicht mehr aus dem Kopf kriegt. Wie auch immer, es klingt so als hätte die neue Glass Animals-Platte ordentlich Potential für viele zum Release des Sommers, respektive des Jahres zu werden, wünscht sich der Vertrieb. Pop ist schließlich die Abkürzung von „populär“ und ich denke, dass eineinhalb Millionen Aufrufe des folgenden Videoclips durchaus das Pop-Kriterium erfüllen.

Cassius – Ibifornia

Interscope Records
Netherlands 2016

Cassius lieben Pop-Musik, die mit Kalifornien in Verbindung gebracht wird – also solche, die beispielsweise Michael Jackson oder die Beach Boys gemacht haben. Auf der anderen Seite lieben sie die Musik der gefeierten Balearen-Insel Ibiza genauso. Dort könne man einen zehn-minütigen Loop eines Dubs spielen, in dem nichts passiert, und die Leute würden immer noch vor Begeisterung durchdrehen. Vor diesem Hintergrund haben Cassius mit „Ibifornia“ einen Ort geschaffen, der Ibiza-Underground-House und das dortige Gefühl von Freiheit mit ihrer Vorstellung von Kalifornien kombiniert. Darüber hinaus sagen die beiden, dass dieses Album zum ersten Mal in ihrer Geschichte mehr ist, als nur eine Aneinanderreihung von Tracks. Da sei mehr drauf los, wie sie gegenüber Pitchfork mit einem Lachen zu Protokoll geben: „Dieses Album inspiriert dazu, über das eigene Leben nachzudenken – dein eigenes Ibifornia zu finden, wenn man so will. Geh da hin und werde glücklich!“

Soweit der Pressetext, dem ich eigentlich nichts hinzuzufügen brauche. Außer vielleicht noch den Videoclip, der die Swingerszene auf Ibiza sehr gut visuell umsetzt. Zumindest wie ich es erzählt bekomme, als einen Arthur Schnitzler-Reigen, ein „Eyes Wide Shut“ mit weniger Klasse, dafür sehr viel mehr Alkohol und andren Substanzen.

Unheilig – Gipfelstürmer LIVE (in Österreich)

Vertigo/Capitol, a division of
Universal Music GmbH 2015

Ein wirklich allerletztes Mal eroberte der Graf im Schweiße seines Angesichts Grazer Herzen. Er sang ein letztes Mal vom kleinen Stück vom Glück und ich war live dabei, als sich UNHEILIG für immer verabschiedete – herzlich, warm und vom Grazer Publikum geliebt bis in alle Ewigkeit. Leider war ich ohne Begleitung in der Stadthalle, hatte sozusagen eine Audienz beim Grafen ohne Fotogräfin, sodass mein neues iPhone zum Einsatz kommen musste.

Aber was soll’s, es gibt genug professionelle Aufnahmen von unserem sympathischen Helden. Nach 16 Jahren auf der Bühne ist es auch kein Wunder dass er sich sehr fotogen bewegt und ganz genau weiß, wie er rüberkommt. Er läuft, fit wie ein Turnschuh, von Rand zu Rand um sich jedem zu posen. Das deckt sich mit Beobachtungen einer Freundin, die ihn beim Konzert vor zwei Jahren gesehen hat.

Meine zweite Freikarte fand auch nach einigen Telefonaten in letzter Minute keinen Ersatzbeschenkten mehr und verfiel, also schlenderte ich durch die Reihen der geschätzten 5,000 Konzertbesucher und wie erwartet fand ich auch einige alte Bekannte in der UNHEILIG Fangemeinde.

Apropos schlendern: Ich bin es gewohnt, ständig meinen Platz und damit meine Perspektive auf das Geschehen zu verändern, die meisten Besucher scheinen jedoch am einmal gewählten Ort zu kleben, was mir ein, zwei rüpelhafte Bemerkungen einbrachte. Ein älterer Herr wurde beinahe handgreiflich, als ich seine Plastikbecher vom freien Sitz stellte, um mich auszuruhen. Ich kann einfach nicht mehr zwei Stunden nonstop stehen.

Das wiederum brachte mir binnen Minuten die höflichen Aufforderungen der Security Männer von rechts und links ein, die mir erklärten, dass das Publikum auf Stehplätzen eben zu stehen habe. Nachdem ich beiden gesagt hatte, dass mein Sitzbedarf medizinische Ursachen habe, ließ man mich in Ruhe, hätte mich aber am liebsten mit einem Sanitäter entfernt. Man kann sich doch nicht einfach an der Absperrung hinsetzen und ausruhen!

Während ich mir das Gebotene aus jedem Winkel anschaute und in den vordersten Reihen sogar in schmerzhafter Laustärke, die einem die Innereien erschüttert, anhörte, gingen mir die Lichter (der Stadt) auf, warum ihn die Menschen lieben –

  1. Sie verstehen ihn, da er auf Deutsch singt (ich erinnere mich noch gut an ein Frank Zappa Konzert in Graz, das den Künstler total frustrierte, da er keine Verbindung zum Publikum herstellen konnte. Wir gehen immer davon aus, dass Englisch-Kenntnisse weitverbreitet sind, aber Texte versteht man in der eigenen Sprache schwer, wie ist das erst in der gesungenen Fremdsprache …
  2. Er verwendet Reime, wenn auch mitunter holprige, die man sich leicht merken kann, und auch keine allzu anspruchsvolle Sprache, sondern bewährten Schlager-Wortschatz. Ich bin immer wieder fasziniert, wenn ich mich umsehe, wie seine Fans die Worte synchron mit den Lippen formen, weil sie alle Texte kennen …
  3. Er bezieht das Publikum mit ein, zum gemeinsamen Singen (auch wenn es nur la-la-la ist), zum Mit-klatschen, -hüpfen und -tanzen, oder die Hände wiegen, mit oder ohne Handys/Feuerzeuge. Und alle tun es, bis in die hintersten Reihen, weil die Musik so schön zeitgenössisch dazu rockt.

Auch wenn ich seine Botschaften in Erinnerung rufe, ist keinerlei Schaden getan, wenn er etwa von der Liebe zu seiner Mutter singt. Ganz anders als seine deutschen Kollegen Rammstein (Gewaltverherrlichung), Sido (Scheiße in dein Ohr) oder Xavier Naidoo (der christliche Missionar). Durchaus positiv ist seine Hingabe zur Musik, die er den Zuhörenden durch sein eigenes Beispiel nahe bringt, da Singen ihn vom stotternden Kind zum selbstbewussten Erwachsenen gemacht hat, der sein mit Schweiß durchnässtes Handtuch, das er sowohl ekelig als auch geil findet, einer Frau im Publikum zuwirft. “Danke schön!”

Manche der Lieder von UNHEILIG werden mich wohl begleiten, wenn mir nach Kitsch und Romantik zumute ist. Man darf schließlich all seine Gefühle leben und Männer dürfen auch weinen.

Pressefoto

PS.: Beinahe hätte ich vergessen zu erwähnen, dass der Graf am Ende des zweistündigen Konzerts als letztes Überraschungsgeschenk für die treuen Fans ein neues Album von UNHEILIG ankündigte, das nach dem Ende der Tournee erscheinen werde. Kluges Marketing, denn schließlich ist die Musikbranche Big Business.

VIECH – YEAH

LasVegasRecords
Wien 2016

YEAH, zwei Jahre sind übers Land gezogen, seit ich mit Andreas Klinger ein längeres Gespräch in einem Café in der Grazer Innenstadt führte und das VIECH ist inzwischen herangewachsen. Neue Köpfe sitzen mit Andi und Paul am Küchentisch, wo sie ihre Texte „in lyrischer Basisdemokratie“ schreiben: Christoph Lederhilger, David Reiterer und Stephan Paulitsch. Fünf g’standene Steirer, ein Kollektiv ohne Frontmann, denn die bärtigen Burschen kochen alle auch an eigenen Süppchen. Wie ich schon zum Duo anmerkte, sind das fleißige Vollblutmusiker und sehr kreative Texter.

Da ich den „Steuermann“ zu meiner persönlichen Hymne gemacht habe, war meine Erwartungshaltung hoch, was das zweite Album betraf. Ich muss zugeben, dass ich es ganz gierig heruntergeladen habe, aber dann erst eine Weile abliegen lassen musste, bis es sich in meinem Kopf ausbreiten konnte. Ich denke, dass es zu schnell ins Tanzbein ging, was von den genialen Texten ablenkt, die mit so ziemlich allen Sprachhülsen aufräumen. Aufmerksames Zuhören vorausgesetzt.

„Der Sandmann streikt“ scheint ein Bindeglied zum früheren VIECH, das mit weniger dafür schräger Instrumentierung auskam. „Deine kalten Füsse“ [tanzen schlecht] kommt in den letzten Takten wieder dorthin, aber durch das Album treibt eben der Beat einer vollständigen fünfköpfigen Band. Ich denke zwar, dass VIECH damit bei einem größeren Publikum punktet, mir aber fehlen die leisen Stellen zum Ausruhen, zum Zuhören, auch wenn die Worte herausgeschrien werden. In „Dr Love“, einer romantischen Liebeserklärung per Kontaktanzeige, gelingt das noch am ehesten und „Heute nichts und morgen mehr davon“ ist wiederum ein Lied ganz nach meinem Geschmack. Die beiden konträren Singstimmen, der abstrakte Text, die zurückgenommene Lautstärke, das stärkere Akzentuieren zarter Klänge.

Wunderschön.

VIECH YEAH | Foto © Maximilian Salzer 2016

Johna – The Long Way Home

7us music
Cologne 2016

Ich habe Johna nie live gesehen, die CD kam unverlangt zu mir, dennoch erzeugte das erste Reinhören in die Tracks dieses Debut-Albums bald ein gutes Gefühl – und das kann die Welt brauchen, so der Kommentar meiner Freundin.

Johna ist eine Kölner Band, deren zwei tragende Säulen Singer/Songwriter Nadine Kraemer und Pianist Kolja Pfeiffer aber auch als Trio oder in größerer Besetzung gerne auf die Bühne gehen. Bislang sind sie noch nicht in Österreich aufgetreten, weshalb sie hierzulande weitgehend unbekannt sind. Aber das sollte sich ändern. Einflüsse kommen von Sarah McLachlan, Heather Nova und Jewel, aber auch von Angus & Julia Stone, denke ich, ohne Nachahmungen.

Auf dem Album „The Long Way Home“ ist alles handgemacht: Die Kompositionen, die Lyrics und handgespielt auf richtigen Insrumenten wie z.B. „Heart on a Plane“, einer entzückenden Nummer mit Ukulele Begleitung, oder „One More Time“ mit Streichern. Aufgenommen und produziert hat das Album Peter Malick in Los Angeles, der u.a. mit Norah Jones gearbeitet hat. Neben Peter Malick an den Gitarren, waren Mario Calire, Jon Ossmann, Stephen Patt, Justine Bennett und Stevie Blacke im Aufnahmestudio.

Nadines sanfte Stimme schmeichelt sich ins Ohr, die Texte sind gut geschrieben und gut verständlich und ich verzeihe ihr gerne das gelegentliche der Country & Western Music entlehnte „Raunzen“. Sometimes we’re moving too fast, sometimes we move slow, sometimes we move into the wrong direction. („Wrong Direction“) Meiner Meinung nach stimmt die zeitlose Richtung, die Johna eingeschlagen hat.

Rachel Sermanni – Tied to the Moon

Middle of Nowhere Recordings
Glasgow 2015

Ich hatte das Glück, Rachel vor zwei Jahren in Gleisdorf kennenzulernen. An jenem Abend war meine Freundin krank und musste daheim bleiben. Dass ich dennoch mit anderer Begleitung dort war und von der hübschen Sängerin aus Schottland so schwärmte, hat sie mir lange vorgeworfen. Alles nachzulesen im Gangway Kulturmagazin.

Damals hatte ich Rachel Sermanni als sehr junge Frau mit der Stimme eines Engels wahrgenommen und war umso mehr überrascht, sie nun als schwarz-weißen Akt am CD-Cover zu sehen, mit rot akzentuiertem Kussmund und ihren gut getroffenen unschuldigen Augen. Will sie uns damit sagen, es sei vorbei mit der jugendlichen Naivität in der Liebe, von der ein Großteil ihrer Balladen handelt?

Den Reigen von zehn Liedern eröffnet „Run“, ein für Rachel Sermanni unüblicher und irgendwie an Patti Smith erinnernder Song mit montoner elektrischer Gitarre und ebensolchem Schlagzeug. Ein Singer/Songwriter wird zur Band setzt sich in „Wine Sweet Wine“ fort und bestimmt etwa die Hälfte der Songs. Erst in „Old Lady Lament“ und „Begin“ hört man wieder genau jene Stimme, die man vom Debütalbum Under Mountains kennt und liebt, wird aber in „I’ve Got a Girl“ schnell belehrt, dass sie auch andere Seiten zeigen kann, als die einer süßen Tomate.

„Don’t Fade“ ist für mich der Schlüssel zu Tied to the Moon. Ein samtener Song über das Verblassen von Gefühlen, in dem sie ihre Stimme sehr schön zur Geltung bringt, und der nur sehr zart instrumentiert ist. Als Gegenstück könnte „Tractor“ herhalten, ein Popsong mit schrillen Tönen und einem fast aufdringlichen Beat, der mir gar nicht gefällt.

Die Ballade vom „Ferryman“ hingegen wird begleitet von den typischen Klängen einer Ukulele und die Schottin zeigt uns, dass ihre Stimme auch noch höhere Töne erklimmt, bis sie von Streichern abgelöst wird, um die Geschichte einwirken zu lassen: I asked the old man about crossing the river. In ihrem nächsten Song, „Banks Are Broken“ lässt sie sich von einer nie zuvor gehörten Stimme ablösen, Jennifer Austin, die sie traumhaft ergänzt. „This Love“ erzählt schließlich mit den zusätzlichen Stimmen von Nicola und Fiona MacLeod von den immer wieder kehrenden Schmerzen der Liebe.

Rachel Sermanni live im Kulturkeller, Gleisdorf | © Gerald Ganglbauer

Fans der sympathischen jungen Sängerin aus den Highlands, die all ihre Lieder selbst schreibt, werden sich das neue Album zulegen müssen.

Rachel Sermanni live im Kulturkeller, Gleisdorf | © Gerald Ganglbauer

Kaiko – Melodies & Masterplans

Synthome Records
Wien 2015

Die junge Band aus Graz und Wien hatte mich zu ihrem Gig beim Augarten Fest eingeladen. Der war um 13 Uhr angelegt und das war mir zu früh, also habe ich sie ein paar Tage später im Scherbenkeller gesehen. Melodies & Masterplans ist ihre erste EP und die rosafarbige Scheibe ist noch ganz frisch (released 4.2.2015).

Kaiko (nicht die japanische Kaiko, sondern die österreichische Band) sind Kathrin Kolleritsch – Lead Vocals & Acoustic Guitar, Ines Kolleritsch – 2nd Lead Vocals, Piano & Glockenspiel, Phil Maier – Electric Guitar, Georg Schober – Bass & Backing Vocals und Thomas Gieferl – Drums & Percussion. Kathrin ist der Kopf der Band, wobei ich es besonders schön finde, wenn sie die Ukulele spielt und die Gruppe a cappella dazu singt.

Stilistisch passt es wohl in die Pop/Groove Schublade und ist mitunter sogar jazzig. Kathrin ist Singersongwriter, spielt barfuß die Gitarre und bewegt sich dabei so quirlig, dass es den Fotografen kaum gelingt, sie scharf ins Bild zu bekommen. Sie spielen Eigenkompositionen, die gut ins Ohr gehen. Hörbeispiele der fünf Tunes der EP gibts z.Zt. nur bei Bandcamp (siehe unten, dort auch zu kaufen), denn leider sind sie (noch) nicht auf iTunes.

Von anderen (älteren) Bands namens KAIKO gibt es allerdings schon einige Alben am Markt, was die Frage aufwirft, warum eine junge Band sich nicht eine neue unverwechselbare „Marke“ kreiert, wenn der Wunschname schon in Verwendung ist. Dass zwei, drei Bands unter demselben Namen (den sollte man sich schützen lassen) veröffentlichen, fällt mir in letzter Zeit immer öfter auf, weil es einem Journalisten die Recherche erschwert. Aber einerlei, ob diese Band nun weiter Kaiko oder Kaiko2(3) oder sonstwie heissen wird, das Quintett hat jedenfalls Zukunft.

Kaiko live im Scherbenkeller, Graz | © Gerald Ganglbauer und Band | © kaikoband.com

Erwin & Edwin – Moskau-Wien-Paris

Dreieck Records
Wien 2015

EPBundeshymne hin oder her, dieses Land ist tatsächlich voll großer Söhne! Meine persönliche Entdeckung am Augarten Fest waren diese zwei Oberösterreicher, ein Niederösterreicher und ein Steirer (der schönste Gitarrist der Band, von dem alle steirischen Mütter als Schwiegersohn träumen) mit dem seltsamen Bandnamen, die sich noch dazu alle vier irgendwas mit „E“ nennen (Ewald, Eberhart, Erwin und Edwin). Warum, soll vorläufig ein Geheimnis bleiben, meint Edwin in einem Gespräch nach dem Auftritt, es habe etwas mit dem Muttertag zu tun …

Die Musik ist „epic“ (das Modewort der Saison, das „geil“ abgelöst hat), die Band ist jung, die Bühnenshow voller Saft, sie haben keine Scheu, das Publikum einzubeziehen und tun es auch. „Ganz Graz“ hat sich brav acht Schritte vor und zurück bewegt und sogar die Altvorderen sind gehüpft und haben getanzt wie die Jungen.

Die Besetzung Schlagzeug, Trompete, Gitarre und Turntables legt in etwa die musikalische Richtung der Gruppe fest. Tanzbare Musik, die ein bißchen an Parov Stelar erinnert, der ja auch aus Linz kommt. Am Debüt-Album wird gearbeitet, man darf gespannt sein!

Erwin & Edwin live am Augarten Fest | Fotos © Claudia Parenzan 2015

Mehr übers Grazer Augarten Fest und die Soundportal-Bühne: www.augartenfest.at und www.soundportal.at

Holler My Dear – Eat, Drink & Be Merry

Traumton Records
Berlin 2015

Die Widmung, die mir Laura „Laus“ Winkler, die kleine Frau aus Graz mit der großen Stimme, in die CD schreibt, lautet Listen to your heart, Für Gerald! Laus. Kennt sie mich näher, frage ich mich? Doch, nein, ist bloss einer jener Zufälle, jedenfalls stammt das aus den Lyrics eines der 15 Tunes des neuen Albums Eat, Drink & Be Merry.

War es nur ein simpler Ratschlag oder versteckt sich auch tiefere Bedeutung dahinter? Essen und Trinken wäre mir noch zu wenig, um fröhlich zu sein. Als ich die Texte nachlese, bin ich hinterher auch nicht schlauer. Also lege ich die Scheibe ein und spiele sie den ganzen Vormittag rauf und runter. Mal sehen, ob ich dann die Lyrics verstehe. Damit meine ich natürlich nicht die Worte, sondern die Botschaft dahinter. Mittagszeit. Leerer Magen?

Ungewöhnlich? Frau am Schlagzeug, Herren mit Trompete, U-Bass (Bass Ukulele) und Akkordeon | Fotos © Gerald Ganglbauer 2015
Die kleine Frau aus Graz mit  großer Stimme …

Nee, nix. Und dabei isses nich mal Berliner Schnauze. Trotzdem erfüllt mich langsam kulinarische Fröhlichkeit bei dieser Musik. Ich schwinge mit, finde den U-Bass cool und dass ’ne Frau die Drums bedient und die kleene „Laus“ kann auch mit ihrer Stimme umgehen. Dann is ja alles jut. Jetzt wippt auch schon der Kopf auf den Schultern … alle anderen Zutaten kann man sich selber auf www.hollermydear.com zubereiten. Erwähnenswert ist auch das schrullige Artwork des Bassisten – essbare Instrumente – wie die Karottete, das Akkordieschen, Auberginoline, Kontranabass und Mikroffel. Mahlzeit.

… ein Herr aus Brandenburg mit Mandoline

Die Berliner Band Holler My Dear sind die Österreicher Laura „Laus“ Winkler (Vocals, Fender Rhodes, Glockenspiel, Choir) und Lucas „Lukasch“ Dietrich (U-Bass, Vocals, Choir), der Brite Stephen Moult (Trumpet, Vocals, Rap, Choir), der Deutsche Fabian Koppri (Mandolin, Guitar, Vocals, Choir), sowie die Russen Valentin Butt (Accordeon, Choir) und Elena Shams (Drums, Choir). Eine multikulturelle Band in der Tat, die unter der resoluten Hand der petiten Laus bunte Blüten treibt.

 

 

Leo Kysèla – Soul Singer, Best of Slow Songs 1988 – 2013

KyGripp music
Graz 2013

Mein Gott, wie schnell die Zeit vergeht! Vor 35 Jahren habe ich Leo Kysèla das erste Mal zu einem Gig bei den Grazer Straßenliteraturtagen eingeladen. Ohne Honorar, denn damals hatten wir zwar viel Umpf, aber keine Kohle. Heute habe ich Leo wieder auf die Bühne geholt, wieder ohne Gage, aber für einen guten Zweck. Dafür sei ihm herzlich gedankt. Seiner Berufung und seinem Beruf treu geblieben, ist er schon lange Berufsmusiker, lebt von seiner Kunst und ist in all den Jahren gereift, spielt viele Konzerte mit Freunden, wie Jörg Veselka (siehe unten) und hat ein treues Stammpublikum.

Sein aktuellstes Album „Soul Singer“ sammelt das Beste, was er an Balladen in den letzten 25 Jahren geschrieben bzw. interpretiert hat und er widmet es all den Musikern, die mit ihm in dieser Zeit gearbeitet haben. Natürlich kann er auch schnelle Hadern aus der Gitarre holen, aber in den langsamen Stücke liegt seine wahre Stärke, wenn er dazu seine Stimme richtig einsetzt und es im Publikum mucksmäuschen still wird. Solchermassen geschieht es bei seiner Blues-Crossover-Soul-Musik, die eine schöne Stimmung verbreitet, die Seele, an der es dieser Welt ohnedies mangelt.

Leo Kysèla live in der Auster | Fotos © Gerald Ganglbauer 2012