Normalerweise stünde immer ein Ficus – für die Nicht-Grünen eine Birkenfeige (Ficus benjamina) – auf der Bühne, aber die bislang verwendete Topfpflanze sei ihm eingegangen, erklärt Niki Waltersdorfer das Fehlen des Band-Maskottchens. Wenn er allerdings um 8 Euro eine CD verkaufen würde, betont er, könne man sich bei IKEA eine neue Ficus holen. Indiebands müssen wohl unterschwellig Eigenwerbung betreiben. Aber das macht nichts, da es mich geradewegs zu dieser CD bringt, die übrigens eine Debüt-EP mit fünf Songs ist, was die 8 Euro ausreichend erklärt.
Ich hatte noch nie von dieser Band gehört, sie seien gerade am Beginn einer steilen Karriere, war aus dem Publikum zu erfahren. Live war das junge Outfit aus Graz in drei-Mann-Besetzung im Megaphon-Café zu hören. Interessant, was in erster Linie der hohen Kopfstimme des Lead-Gitarristen zuzurechnen war aber auch den gut arrangierten Kompositionen, die allesamt aus der Feder von Niki Waltersdorfer kommen, einem schlacksigen jungen Mann, der gerade seinen Zivildienst abgeschlossen hat.
Simon Brugner ist der Schlagzeuger, Fridolin Krenn der souveräne Bass und Tobi Wohofsky der vierte Mann an weiteren Gitarren des Unternehmens. Gemeinsam produzieren die sangeslustigen Jungs ein Geflecht aus funkigem Wah-Wah mit dem Tremolo der Gitarre, woraus ein fröhlicher Tune wie „Ho Mogo Ma“ entstehen kann. Es darf aber auch einmal mit „Connection“ ein langsamer English Waltz werden, der sich gut eignet, mit „Baby are you free tonight“ und weiteren Anleitungen einen Aufriss zu machen. Hat sich nichts geändert seit damals, nur aus den Briefmarken ist eine CD-Sammlung geworden. Die sollte „Parmigiano Love“ enthalten.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, heisst es. Als ich Paul Pflegers neues Album Jaws auflegte, musste ich mich erst einmal vergewissern, dass ich die richtige Tonquelle gewählt hatte, so sehr überrascht war ich von der Musik seiner Band Stereoface. Was da aus den Lautsprechern kam, war feinster Rock, der aus den 70er/80er Jahren hätte sein können. Nun ja, man muss wissen, Pauls Vater Ewald „Sunny“ Pfleger ist Gitarrist und Songschreiber bei OPUS. Ich habe beide einmal gemeinsam bei einem Benefizkonzert in der Grazer Oper auf der Bühne gesehen. Dass Paul die Plattensammlung seines Papas gehört und diese Songs sehr genau studiert haben muss, war, wie gesagt, eine Überraschung. Schließlich erwartet man vom Nachwuchs Hip-Hop, Techno oder sonst etwas elektronisches … eben alles, nur nicht Rockmusik mit „richtigen“ Instrumenten, wie sie noch von ihren Eltern gespielt wurden.
Mitbegründer Nino Kadletz, sowie Antonio Marghariti, Günther Paulitsch und Lukas Schneeberger sind die weiteren Bandmitglieder, die uns mit Jaws ein Album vorlegen, das zwar von der Musik der Altvorderen ausgeht, aber beim genauen Hineinhören sehr eigenständig mit den Instrumenten einer klassischen Gitarren-Rockband umgeht. Immerhin ist es das fünfte Album, das die Grazer Band in zehn Jahren produziert hat.
Graz rockt
Was in Baby Be My Valium unscharf an Black Sabbath erinnert, wird in You Bark I Bite und Superhuman Inhumanities ein bisschen zu Nirvana. Oder Oasis. Aber was soll’s, die Tunes auf Jaws sind doch einzigartig und You Ain’t Old Enough könnte sogar in die FM4 Charts passen.
Alle Titel auf dem Album werden von den durchgehend englischen Lyrics Paul Pflegers „gestimmt“ und entweder von einem groovigen Bass oder schnellen Drums getrieben, bis auf den etwas unruhigen Tune Sharks, der nicht Fisch nicht Fleisch zu sein scheint.
I Don’t Wanna Be Free hat einen Touch Metal, aber Sharksheep (I Don’t Wanna Know You Too) gönnt dem Album ein sanftes Ende. Alles in allem ist Jaws von 30+ bis 60+ durchaus tanzbar, analog auf Vinyl zu haben, jedoch auch digital bestens geeignet, im Autoradio etwas lauter gehört zu werden.
Bazaar ist das persische Wort für Markt. Wie das deutsche Wort bezeichnet Basar sowohl die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage als auch den Handelsplatz, der hinsichtlich seiner Gestaltung, Lokalisierung und Funktion spezifische Charakteristika hat. Wenn man in das neue Album von The Base hineinhört, muss man sich das vor Augen halten, obwohl die Lyrics sich nicht oder kaum darauf beziehen. Aber what the f . . . ist ein versteckter VJ? (Hab mich schlau gemacht: ein Video Jockey)
Ein Kennzeichen orientalischer Basare ist die Aneinanderreihung von Geschäften, die Waren derselben Kategorie (in unserem Fall Disco) verkaufen. Das machen sie gut. Einen Großteil der Waren meint man schon einmal irgendwo gesehen (gehört) zu haben. In der Tat sind die Strickmuster, wie sich die einzigartige Stimme von Norbert Wally einsetzen läßt, begrenzt. Nun, ich hatte mir nicht erwartet, lauter „neue“ Töne auf diesem Disco-Marktplatz zu bekommen. Schließlich ist es die bereits zwölfte Scheibe des 1996 debütierenden Grazer Trios. Man bietet an, was man daheim hat.
Mit etwas Feilschen erhält man aber tatsächlich auch hier neue Stückerln unter den Plagiaten eigener Werke. Simoom ist so eine erfreuliche Ausnahme, ganz hinten am Regal zu finden. Norbert Wally rezitiert den Text, statt ihn zu singen, während Albrecht Klinger am Bass und Karlheinz Miklin jr. am Schlagwerk in gewohnt ausgereifter Musikalität die poetischen Worte vor sich her drängen. Groovy, Baby.
You Put Sugar in My Soul ist ein Mantra, wie man ihn auch schon von vorigen Alben kennt, die schier endlosen Wiederholungen versetzen den Hörer entweder in Trance, oder lassen ihn eine Palme hochklettern. Ähnlich geht es mir mit einem Dutzend I/You/We Connected. und den erhobenen Händen in Eight Cops. Dass dem Songwriter kein weiterer Text eingefallen sei, oder er nur den Song verlängern wolle, will ich damit nicht unterstellen. Ich habe schon bei der Release von Where Is my Weather (2015) auf diesen Ballast hingewiesen, offenbar erfolglos. Tja, man muss auch noch so konstruktiver Kritik nicht gleich Folge leisten.
Pile Your Shishas ist ein angenehmes Lullaby. Die orientalische Wasserpfeife stellt endlich auch einen Kontext zum Basar her. The Base sollte einen Wettbewerb machen, welche Originalvorlagen die Disco Bazaar Tunes evoziieren, Menschen, die die Band noch nie gehört haben, werden Ride After Dawn mögen, Fans (dazu zähle ich mich) werden ein Déjà-vu erleben. Just Another Sky ist ein typischer Waltz, ganz in der Tradition der Gruppe, mit leisen Ethno-Einflüssen. Aber egal ob recycled oder neu, die Musik von der Basis ist immer gut tanzbar, und die Refreins bleiben tagelang im Kopf stecken, wie im Opener Feed Your Dinobaby. Am Ende weiß man nicht mehr, ob man einen neuen oder alten Tune hört, den der Shuffler aus den zwölf Alben von The Base gerade spielt. Sie sind einfach alle gut.
Bei ihren Dreikönigskonzerten im Scherbenkeller werden wieder zahlreiche Groupies die Lyrics mitsingen. Bleibt zu hoffen, dass niemand dabei sein Happy verliert.
Präsentiert wird das Album in Graz am 30. September 2017 im p.p.c.Vorverkaufskarten sind bereits online.
Am Freitag, 12. Mai 2017 ist es im Dom im Berg soweit. Eine neue Band betritt mit einem CD Release Konzert die Bühne: Leo’n Sky. In Wahrheit ist dieses Sextett den Grazern gar nicht neu, sondern nur der neue Name des jedermann bekannten Outfits von Leo Kysèla, einem Urgestein der Grazer Soulszene, das er gemeinsam mit Joerg Veselka (Gesang und Gitarre) und seinen Freunden Jasmin Holzmann Kiefer (Gesang), Louis Kiefer (Bass und Gitarre), und den Streichern Giorgio und Chris Hammer (Viola und Violine) nun als Gruppe benennt. „Leo im Himmel“.
Live Is ist bereits das 12. Album Kysèlas. Am Cover ein gekrönter Affe in Denkerpose, darüber der Schriftzug LEO’N SKY hinein gequetscht, klein und kaum auszumachen der Titel, Life Is darunter. Es sieht nach einem philosophischen Konzeptalbum aus, in dem über das Leben sinniert wird. Die Reflexionen beschränken sich allerdings auf den Titelsong, ein sehr schönes Lied, in das sich alle drei Stimmen gut einbringen, das wird aber vom darauf folgenden Rolling Stones-Fetzen Honky Tonk Women gleich wieder kaputt geschlagen. Eine kleine Unterlassung: Für meine Promo CD gab es noch keine Titelmeldung bei iTunes, als ich das Album importieren wollte. Das habe ich unverzüglich gemeldet und Kygripp Music wollte sich gleich darum kümmern.
Überhaupt handelt es sich hier um ein sehr inhomogenes Album: Live Mitschnitte sind mit Studio Aufnahmen durchmischt. Zwar in bester Tonqualität, aber ich höre lieber das eine oder das andere, einen Konzertmitschnitt oder ein stimmiges Konzept. Oder gleich eine Doppel-CD. Von beidem hat es zu wenig für ein kombiniertes Album. Irgendwie denke ich dabei an Kraut und Rüben, sorry! Da gibt es Hadern zum Mitsingen, wie Back in the Days oder Living on a Freewave, die erschlagen die ruhigen Stücke.
In den langsamen Balladen und den Stimmen liegt die Stärke, auf das Fußstampfen, das Schlagzeug der One-Man-Bands, könnte Leo verzichten. Die Älteren unter uns kennen das noch, „aus jenen Tagen, als sie noch jung und schön waren“. Die Jüngeren würden eine Beatbox und Hip-Hop vorziehen.
Um Missverständnisse auszuschließen: Ich liebe die Musik von Kysèla und Veselka; kenne und wertschätze beide seit langem. Dieses Album will allerdings zu sehr verkauft werden, sogar der Teaser, seine eigene Werbung, ist als „Bonus Track“ mit drauf und schreit: “ Kauf mich!“. Muss man löschen.
Es gibt Gespräche mit einer ”großen“ Plattenfirma, aber inzwischen haben die Musiker schon rund 10.000 € für die Produktion der CD vor finanziert, die wieder herein kommen sollten. Leben kann ohnedies keiner vom Verkauf, das ist bestenfalls Taschengeld, der Lebensunterhalt kommt von den Gigs und den Radiostationen via AKM, Geschäftliches passt gar nicht zu den beiden großherzigen Musikern, die ein Benefizkonzert für mich gespielt haben. Jetzt machen wieder beide bei meinem Parkinsong Duets Projekt mit, was mich riesig freut.
Aber jeder Leser sollten sich sein eigenes (Hör-)bild von Leo’n Sky machen, dazu findet man Clips wie den erwähnten Teaser auf YouTube, und natürlich Infos auf www.soul.at – für diese Seite „und den ganzen Internetkram“, wird übrigens ein eifriger junger Mitarbeiter gesucht. Vielleicht ein Blogger?
Überlassen wir Leo Kysèla das Schlußwort:
„Was soll ich sagen: Bin stolz auf dieses, mein 12. Album – YEAH !!!!!!!!!!!!!!!!!“
Seit 2011 verbindet Alma volksmusikalische Bodenständigkeit spielerisch mit komplexen Arrangements. 2013 erschien Nativa, deren Debütalbum, und nun legt die Band Transalpin als zweites Album vor.
So weit die Phantasie zu hören vermag lautet das Motto der zart blaugrauen CD, die in der Grazer Postgarage bei Pangea (Weltmusik-Reihe) präsentiert wurde. Dass just zur selben Zeit andernorts der Steirische Geigentag stattfand, war wohl Zufall. Diese drei Geigen, eine Harmonika und der Kontrabass beschallten den 2nd floor unplugged – also ohne den Einsatz jeglicher Mikrofone und Verstärker – und wurden fallweise auch noch von den jungen Singstimmen unterstützt. Das Publikum dankte es mit konzentrierter Stille, in der sogar der Verschluss der Kameras von zwei oder drei Fotografen ab und zu hörbar war.
Die fünf Musiker, ein junger Mann und vier Frauen – die, wie Barbara, eine kleingewachsene Radiojournalistin nach dem Konzert bemerkte, allesamt sogar noch kleiner seien als sie – brauchten nicht mit Körpergröße zu beeindrucken, dennoch bot ich mich an, den Kontrabass zu tragen, was dankend abgelehnt wurde.
Julia (Geige, Gesang) und ihre Schwester Marlene Lacherstorfer (Kontrabass, Gesang) stammen aus Oberösterreich, Evelyn Mair (Geige, Gesang) aus Südtirol, der Hahn im Korb Matteo Haitzmann (Geige, Gesang) ist Salzburger und Marie-Theres Stickler (Steirische Harmonika, Gesang) kommt aus Niederösterreich, und gemeinsam führen sie mit Leib und Seele (con alma y vida) vor, dass zeitgenössische Volksmusik lebt.
Ein umfangreiches zweisprachiges Begleitheft zur CD liefert Texte, Anmerkungen der Künstler und Hintergrundinformationen zu den Stücken und bietet vorweg auch gleich eine blumige Vorbesprechung des „Austrophilen“ Briten Gavin Plumley, der für den BBC und „Musikpublikationen in aller Welt“ schreibt. Ich denke mir, too much information, denn sollte nicht die Phantasie jedes Zuhörers eine „musikalische Seelenwanderung“ durch die Berge entlang eigener Wege begleiten? OK. Man muss es ja nicht lesen, einfach die Augen schließen, zuhören und hoch über die Almen fliegen.
Wer sollte sich nun gleich ein Alma-Album kaufen, ohne die Gelegenheit, sie zuerst live zu erleben? Musiksammler mit breitem Geschmack, in deren Regalwänden zwischen Philip Glass und Hubert von Goisern noch Platz für schräge Klänge ist, die manchmal mit einer Prise Jazz, dann wieder mit Minnesang oder Jodlern gewürzt sind und wohl aus Hausmusik mit offenem Blick in die weite Welt(musik) gekocht wurden. Schmackhaft!
Das erste Mal habe ich Saint Chameleon vor einem Jahr rein zufällig in der Papierfabrik in Graz gehört. Das war gerade der zweite oder dritte Auftritt der ganz jungen Band um Lukacz Custos und Luka Sulzer, deren Ursprünge bei einem Treffen der beiden in den Straßen von Graz im Jahr 2010 liegen, als Lukacz als Straßenkünstler auftrat. Beiderseitiges Interesse in jeder Art von Musik machte die Entscheidung in einem musikalischen Projekt zu kollaborieren einfach und so wurde Saint Chameleon eine Fusion aus Indie-Rock und Gypsy Musik, irgendwo zwischen Tom Waits und Django Reinhardt und überall drumherum.
Damals hat mich die Stimme von Luka gefesselt, dieses seltene Tremolo war prägnant, das erinnerte mich an David Surkamp, allerdings mit einer höheren Falsettstimme, in Pavlov’s Dog. Als ich später mit Luka redete, erklärte er dieses Zittern käme von anfänglichem Lampenfieber, das er mittlerweile aber kultiviert habe. Nun, ich muss sagen, mit seinen 22 Jahren (geb. 25. 1. 1993) wirkt er auf der Bühne sehr selbstbewusst. Ich habe die Band in Graz noch drei Mal live gesehen, in der Postgarage, in der Brücke und im PPC. Diese jungen Leute begeistern ihre Zuhörer jedes Mal und lassen kein Bein still stehen. Das sind Tanz-Rhythmen, die unter die Haut gehen.
Von Live Gigs zu Studioaufnahmen ist es allerdings ein weiter Weg, den die Gruppe zunächst mit einer Debüt-EP markiert: SAIL, mit den drei Songs: “Johnny”, “The Difference of the People” und “Sail”.
Mein Lieblingslied zum Mitsingen: The Difference of the People (Musik und Text Luka Sulzer)
Some is silent in here Some is loud out there Some is tired Some is filled with fear Some is in action, runs away The difference of the people Is what makes this world this rich The difference of the people Is what makes it worth to live And wouldn’t it be this way We would all be the same So we wouldn’t be able to love Because we could know each others thoughts
Die “Sail” Release Show am 23. April im PPC hat deutlich gemacht, dass diese junge Band nicht nur eine EP, sondern ein erstes Album verdient hat. Allein schon wie die sieben Musiker den Abend pünktlich um 22 Uhr mit einem kräftigen a-capella Chor eröffneten, löste im Publikum Begeisterung aus. Ich war richtig stolz auf die Jugend und wünschte, der Executive Producer eines großen Plattenlabels würde diese Show erlebt haben: Saint Chameleon hätte sofort einen Plattenvertrag in der Tasche. So gut waren sie allesamt, Musik im Blut, gut zusammen gespielt und Luka Sulzer strahlte Charisma auf der Bühne aus. Der schüchterne junge Absolvent der Ortweinschule, Abteilung Kunst wuchs innerhalb des Jahres, seit ich die Band in der Papierfabrik nach einem Geheimtip zum ersten Mal gesehen hatte, parallel zur Größe der Bühne zum echten Rockstar heran. Backstage frage ich ihn nach seinen Plänen und er weiss sich zu positionieren und kann sich ein Leben im Showbiz durchaus vorstellen. Dabei wünsche ich ihm und der großartigen Band, allen voran dem “großen” Francesco Doninelli an der Violine, alles Gute und viel Erfolg!
Bilder und Videos (2014/2015) von den jüngsten Konzerten der Band, die aus sieben Mitgliedern aus fünf Ländern besteht: David Dresler, Lukacz Custos, Luka Sulzer, Kajetan Kamenjasevic, Emiliano Sampaio, Francesco Doninelli und Thilo Seevers.
Dann plötzlich, das Ende.
Ihr Lieben! Wir hoffen ihr und eure Familien seid gut durch diese eigenartige Zeit gekommen. Leider verabschieden wir uns nun als Band von Euch. Danke, dass ihr uns über die letzten sechs Jahre begleitet, mit uns gesungen und getanzt habt! Es war wunderschön unsere Musik mit euch teilen zu können. Angefangen vom ersten Konzert im BangBang Club in Graz über ein Bootskonzert im Norden Deutschlands bis hin zu den Stränden Brasiliens. Wir durften so viel erleben mit dieser Band! Danke, dass ihr dabei wart! Bleibt gesund und passt gut auf euch auf! Saint Chameleon out.
Gestern Abend war ich bei der Release Show des neuen Base Albums Where is My Weather im Grazer p.p.c., einem Venue, den ich bisher nur vom Hörensagen kannte und der sich mir als eine angenehme Überraschung präsentierte. Publikum, wo ich mich nicht als Großvater zu fühlen brauchte (unter anderem steuerte Werner Krause auf mich zu und begrüßte mich herzlich), trotz vollem Haus kein zu großes Gedränge und alles in rauchfreier Luft. Wer unbedingt rauchen musste, konnte das im Ghetto hinter Glas im hinteren Bereich tun. Freundliche Security und Barbedienung, solide Bühnentechnik (ich kletterte beim Fotografieren darin herum), eine geniale Lightshow und perfekter Sound.
Es wurde eine kurzweilige Wartezeit. Mit der üblichen guten Stunde Verspätung erklangen schließlich zwei Rockfetzer hinter dem Vorhang, The Base verschaffte sich Gehör.
The Base, Norbert Wally und Karlheinz Miklin
Bevor mir jemand Befangenheit vorwirft, gestehe ich es gleich vorab: Ich bin zu einem großen Fan von The Base geworden, finde Norbert Wallys Stimme einfach großartig und habe mit ihm sogar ein Duett gesungen (siehe Foto). Allerdings bin ich bekannt dafür, mir weder vor Freund noch Feind ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Gerald Ganglbauer und Norbert Wally im Duett
Wenn nun vom Wetter die Rede ist kommt wohl gleich Crowded House der Finn Brothers aus Neuseeland mit dem Ohrwurm (Take the) Weather With You in den Sinn, dicht gefolgt von unserem eigenen, leider zu früh verstorbenen Joe Zawinul, der seinen Weather Report in die USA exportiert hatte. Vom Wetter zu sprechen, hat etwas triviales an sich, es steht als eine Metapher für Small Talk, wenn man sich nichts zu sagen hat.
Nicht so auf diesem neuen Album, wo es das Konzept eines Tagesverlaufes von wechselhaftem Wetter symbolisieren könnte. Als der Vorhang gefallen war, war der erste musikalische Sturm auch schon vorüber, es hellte auf und das Trio spielte sich durch Regen und Sonnenschein. Unscharf wie das Cover Artwork, aber so waren sie schon bei den vorausgehenden Alben: für jeden etwas. Die wüd’n Hadern wurden von zarten Balladen abgelöst, und ein bissl Französisch wird auch drübergestreut. Wally brillierte und zeigte den breiten Bogen seiner stimmlichen Kapazität, Miklin trommelte mit einer Präzision und Kondition ohne auch nur einen Schweißtropfen, die ich nur bewundern konnte (muss am Mountainbiken liegen) und Klinger trieb die Musik mit seinem Bass voran. Einige Songs der neuen Platte (wie schon zuvor gibt es auch diesen Tonträger auf Vinyl, CD und iTunes) waren bereits im Radio zu hören gewesen und ich wünsche der neuen Wetterstation noch viel mehr internationales Airplay und gute Wetterberichte.
The Base live im p.p.c., Graz 2015 | Fotos: Gerald Ganglbauer
PS.: Bei den im fast zweistündigen Konzert natürlich auch gespielten Tunes aus vorangegangenen Alben war es schön zu beobachten, wie viele der Zuhörer die Lyrics kannten und deren Lippen die Worte dazu formten. Sind ja auch schöne Stücke 🙂
Eigentlich verrät – nomen est omen – der Titel dieses Albums bereits alles. Neu: Meint wohl zeitgenössische „Garage Band“ Musikprogrammierung, sehr tanzbar, gut stampfbar. Seltsam: Das ist dieses Werk in der Tat. Nicht einzuordnen, der Zuhörer fühlt sich fast auf den Arm genommen. Österreich: Darin steckt Heimat, Volksmusik, „Binder-Krieglstein, ein echter Österreicher“, wie bereits auf einem früheren Album statuiert wurde.„Und jeder fragt mit stillem Graus, was kommt da wohl einmal heraus?“ (Eugen Roth) Nun ja. Ein sehr schräger Mix, unterstützt von einem launigen Wilfried in „Bratlgeiger“, Karl Gründling, Heimo Mitterer (von Portnoy), Mieze Medusa, Didi Bruckmayr, Molto Mosso (ach, allein wie diese Namen auf der Zunge zergehen), Christian Fuchs, sowie suzy on the rocks & Steirischer Jägerchor (von Bunny Lake). Und natürlich leiht Rainers Partner Makki auch auf diesem Album einigen Tracks wieder ihre starke Stimme.
Wer hört sich das Ergebnis nun an? Nicht Otto Normalverbraucher. Nicht der klassische FM4 Listener. Wohl auch nicht die Landjugend in Tracht. Wer dann? Ich zum Beispiel. Immer wieder. Auch wenn ich nie im Leben eine Polka oder einen Landler tanzen würde. Einfach, weil auch diese zwölf so unterschiedlichen Kompositionen „ein echter Binder-Krieglstein“ sind, die (Landes- und musikalische) Grenzen ausloten, definieren und zugleich verwischen. Unbedingt anhören!
Binder & Krieglstein live in der Postgarage, Graz 2012
Binder & Krieglstein sind Rainer Binder-Krieglstein, Makki, Kurt Bauer, Michael Bergbaur und Richie Winkler
Ist es einfacher, über Musik zu schreiben, wenn man die Musiker persönlich kennt und schätzt – ich kenne Rainer schon seit seinem ersten Soloalbum (International, 2002) und seinem Auftritt bei unserem Verlagsfest im Jahr 2004 – oder nimmt man dann gar eine zusätzliche Hürde, um objektiv zu bleiben? Ich bin mir nicht sicher und höre erst einmal rein in die „Jugend“, Binder & Krieglsteins fünftes Album. Einige Nummern habe ich voriges Jahr schon in der Postgarage live gehört, aber man ist ja nicht so kritisch wenn man vor der Bühne abtanzt, wie beim genauen Hören im Wohnzimmer oder Auto.
Der erste Song, „Om, Pleasure’s, Glory“, besticht mit gewohnt akzentuierten Beats, was durchaus erwartet werden kann, wenn der Bandleader Schlagzeuger ist, überrascht allerdings (R. B-K ist Jahrgang 1966) mit jugendlichen „still in love“ Lyrics. Erst bei Track zwei tritt dann die kraftvolle tatsächlich junge Makki auf. „Die Jugend ist ein Geschenk“, verrät Track drei, gleich mit einem schrägen Mix an Singstimmen. Cool, „seltsam“ (Zitat meiner Freundin) und sehr gut tanzbar. Vielleicht sage ich das, weil die Rhythmen so präzise rocken und rollen – trotz programmierter Loops klingt das lebendig – was eindeutig zu Tanzbewegungen (ver)führt. Und dann sind da auch noch die Texte, die durchaus in der politisch engagierten (und dada) Tradition Rainer Binder-Krieglsteins stehen.
Rainer Binder-Krieglstein, 20 Jahre Gangan Verlag, Literaturhaus Graz 2004
Die beiden ersten Alben „International“ und „Trip“ waren in Australien oft auf Triple J zu hören (woran ich nicht ganz unbeteiligt war) und ich kann mir das auch bei „Jugend“ vorstellen, denn Aussies lieben es Songs zu spielen, die man dort nicht versteht, wie den deutschen Titel „Jungs“. Das hat was Multikulturelles.
Die beiden Bilder sind übrigens von unserem Fest im Literaturhaus Graz anno 2004. Rainer war immer gut drauf, immer mit der „Jugend“… Sein neues Album ist ziemlich schräg, aber man hat ja sonst auch viel zu wenig Spass 🙂
Noch eine Grazer Band, die unter meinem Radar geblieben ist und die mich neulich irgendwie überrascht hat. Erwartet man sich von jungen Leuten zumeist zeitgenössische Klänge, so hört man von diesem Quartett die 80er Jahre heraus, eine musikalische Epoche, als die Bandmitglieder noch gar nicht geboren waren. Aber sie hört sich gut an, denn Rockmusik bleibt Rockmusik und sie wird von der Band solide gespielt. Das Debutalbum „Undressed Clowns“ sammelt Eigenkompositionen, nur auf der Bühne werden Coverversionen dargebracht.
„Der unverkennbare „acoustic boogie rock“ der Downlovers zeugt mit belebender Originalität von versoffenen Nächten, verschüttetem Bier, verlorenen Liebschaften, vom Ausnüchtern und Erwachen bei Sonnenschein und Vogelgezwitscher.“ behauptet die 2006 gegründete Band sehr poetisch von sich selbst, was man reinen Gewissens über Rockmusik ganz allgemein sagen kann. Was also ist die Originalität des Albums?
Nun, das ist wohl die Stimme des Sängers Michael Down. Unverkennbar, wenngleich sie mich an Kurt Cobain erinnert, er ruhe in Frieden. Zusammen mit der Gitarre Steve Lovers rockt es sich gut. Man möchte tanzen.