I called her Lisa, for she reminded me so much of the quirky Lisa Simpson, the famous cartoon character with the saxophone, who, when she plays, gives a damn about anything else but her music.
Tori Freestone and I met at the Leibnitz Jazz Festival 2017, where she played the opening set in the gorgeous wine cellar with Dave Manington (bass) and Tim Gils (drums). The arrangements left me a little sad, that might be the tenor saxophone as such, or Tori’s mood, that was already shaping the forthcoming album, „El Mar de Nubes“ or Wolkenmeer (The Sea of Clouds).
Backstage I tried to cheer her up with that Lisa thing and I think I succeeded for a little while. She was hanging with me and Peter Purgar, another photographer, and the three of us stayed in touch over the years.
London calling
Naturally, I recommend her album to anyone who loves Jazz as much as I do. However, you should listen yourself, and what is today’s virus-free way of doing it? Tune in to a live stream tomorrow night at the Vortex Jazz Club!
„Das Einzigartige an der Short Story ist, dass wir alle eine erzählen, leben, niederschreiben können“, schrieb Christina Stead, die australische Romanschriftstellerin. Nachzulesen in Michael Wildings Einführung zu Air Mail from Down Under, einem Band voller Kurzgeschichten, erschienen vor vielen Jahren in einer anderen Welt. Aber Geschichten lassen sich nicht nur am Lagerfeuer weiter erzählen. Zur litarischen Ausdrucksform gesellt sich beispielsweise Ausdruckstanz, den schon Urvölker wie die Aborigines praktiziert haben, bis zur Musik, wie jener des jungen deutschen Pianisten Thilo Seevers, der stolz auf eine Ausbildung an der Grazer Kunstuni zurückblicken darf.
Sein Ensemble, zu dem die großartigen Musiker Ivar Roban Krizic (Bass) und David Dresler (Schlagwerk) zählen, hat mit „Story Telling“, Anfang 2018 schon das zweite Jazz Album aufgenommen, wobei er mir persönlich bisher nur als Keyboarder bei Luka Sulzers Saint Chameleon bekannt war.
Ich hatte im Generalihof Gelegenheit, mich mit ihm zu unterhalten und zumindest ein halbes Konzert bis zum urplötzlich im zweiten Set einsetzenden Regenguss live zu erleben – und es bis unter die Haut zu genießen.
Die wertvollen Instrumente mussten schnell ins Trockene gebracht werden, und auch ich musste das Verdeck meines Cabrios rasch schliessen. Als Trost gab es für die zahlreichen Besucher CDs zu erwerben, die das Open Air Konzert digital vervollständigten.
Vielleicht höre ich ihn auch bei einem Saint Chameleon Auftritt, deren Debütalbum „Mockingbird“ (auch vom Vorjahr) mir bisher noch nicht unter die Finger gekommen ist. Dabei kenne ich die Band schon seit fünf Jahren und vielen Gigs. Auch gut. Ich werde allenfalls berichten.
Die CD kam mit der Post und einem persönlichem Begleitschreiben „mit swingenden Grüßen“ wobei ich überzeugt bin, dass Berndt Luef kein Swinger ist. Zumindest nicht im Sinne von Menschen mit einem bestimmten promiskuitiven Sexualverhalten, sondern nur mit seinem Vibraphon und den acht Mannen seines Jazztett Forum Graz, das heuer bereits auf 25 swingende Jahre zurückblickt.
Diese Ausdauer würdigt der beharrliche Musiker mit einem Album, das auf sechs Seiten die zumeist vom Haus- und Hof-Jazz-Fotografen Peter Purgar fotografierten Herren abbildet und zweisprachig die Entstehung der Kompositionen erläutert. Das ist bei Luef wichtig, da man ohne Lyrics die Absichten und den Hintergrund der Kompositionen nicht mit Erinnerungen an seine Studienzeit oder Wanderungen entlang der Feistritztalbahn zu verknüpfen vermag.
Das Album wird am 3. Mai in der Blue Garage (Frauental) und am 12. Mai im Grazer Forum Stadtpark präsentiert.
In 10 Kompositionen bzw. genau 60 Minuten nimmt das ungewöhnliche Trio Achim Kirchmair (Gitarre), Ali Angerer (Tuba) und Andjelko Stupar (Drums) die Zuhörer mit auf die Reise nach Indien, weit ins nördliche Jammu and Kashmir, nach Ladakh.
Ich mag Konzeptalben, die eine Geschichte erzählen, oder zusammenhängende Stücke, wie die jener Indienreise. Dabei wäre etwas ganz anderes daraus entstanden, hätte der Bandleader nicht seine Bergschuhe daheim vergessen.
In Indien gehen die Uhren anders, Zeit spielt keine Rolle, erst kommt das Leben, und das spiegelt sich in seinen ruhigen Kompositionen, obwohl er auch die Sau raus lassen kann, was seine in der ersten Reihe des Konzerts im WIST sitzenden Kinder überzeugt haben muss, dass ihr Papa ein Rockstar ist.
Kudos an Berndt Luef, der mit der bereits zwölften “Herbstzeitlose”, seinem jährlichen Musikfestival im WIST, immer wieder guten Jazz nach Graz bringt.
Es war während des Jazzfestivals Leibnitz. Mit dem Schlagzeuger Alex Deutsch sass ich zufällig eines frühen Morgens beim Frühstück am selben Tisch. Neben einer Facebook-Freundschaft ergab das daraus folgende Gespräch großes Interesse an dem neuen Album, das nach zehn Jahren schöpferischer Pause im Trio mit Oliver Steger (Bass) und Ulrich Drechsler (Saxophon) entstanden war: And Now…Boogie! und ich versprach, mir die CD gleich anzuhören und sie zu besprechen.
Das liegt nun schon gut ein halbes Jahr zurück, aber mein Versprechen wird immer gehalten und nun sollen Worte beschreiben, was ich mit großem Genuss in Leibnitz live erleben durfte. Vorweg die Geschichte, wie es zum Namen des Trios kam – das Café Drechsler ist tatsächlich ein Wiener Kaffeehaus, jedoch nicht mit dem Saxophonisten gleichen Namens verwandt – aber das kann die Band auch selbst erzählen.
Ich war müde, es war wohl schon fast Mitternacht, aber dennoch wollte ich das Konzert im Marenzikeller nicht verpassen. Und siehe da, die Müdigkeit wurde von der Musik weggeblasen, die Beine tanzten unentwegt und von irgendwoher flutete Dopamin in mein Hirn. Ich war gut gelaunt, tanzte in vorderster Reihe und ließ mich vom Tempo der drei Profis mitreissen. Ein akustisches Trio, auch wenn es in iTunes unter „Electronica“ gehandelt wird, habe ich noch nie so schnell spielen gehört. Bass und Schlagzeug bauen den Highway, auf dem das Tenorsaxophon fährt. Und wenn ich die Augen zumachte habe ich mich in einem offenen Mustang über diese Autobahn fahren sehen und mit jedem neuen Tune wechselt die vorbeiziehende Landschaft. Vielleicht sollte die CD eine Warnung tragen, nicht im Auto gespielt zu werden, wenn man Speeding Tickets vermeiden will. Genial. Dabei sind auch zwei Tunes mit Text drauf, auf Samptpfoten rezitiert Yasmo „Mir geht’s gut“ über Befindlichkeiten („Ich reich die Hand um zu zeigen, dass sie keine Waffe trägt“) am Tune „On Velvet Paws“ und ein RAP von FlowinImmO auf „Fake News“, der ins Politische geht und mit der rhetorischen Frage endet, „worüber lohnt es sich zu sprechen“.
Alex Deutsch habe ich in der GMD auch wieder gesehen, am Schagzeug für Harri Stojka. Wow, der Mann ist so energiegeladen, dass er sogar noch die Ladegeräte im Publikum betreiben könnte. Musik ist eben auch ein Energy Drink. Oder noch besser: Grundnahrungsmittel! Jedenfalls kein Boogie.
Nach dem ersten Stück im ersten Set war ich etwas planlos. Die vier Musiker spielten zwar vom Blatt, aber jeder für sich mit geschlossenen Augen. Mon dieu, war das nun Freejazz, worauf ich mich hier unvorbereitet eingelassen hatte? Keine Spur, den Ohren der Zuhörer im Stockwerk Graz wurden Kompositionen geliefert, die klare Strukturen erkennen ließen, wenngleich diese auch ständig wechselten. Creative Jazz aus den United States war eben anders als europäischer oder australischer Jazz.
Aber es passte alles zusammen, was man sich an ungewöhnlichen Symbiosen nur vorstellen konnte. Angefangen bei der Instrumentierung. Ich hatte noch kein Chello (und Electronics) in einem Jazz Quartett gesehen. Aber was Fred Lonberg-Holm (55) mit seinem „geschrumpften Bass“ zupfte, strich, kratzte und quietschte, passte. Eine drei-saitige Gitarre, die ihm sein Vater gebastelt hatte brachte ihn zur Musik, wie er mir in der Pause erzählte. Und der Mojo, mit dem der in Chicago gebürtige Drummer Michael Zerang (auch er wird heuer 60) die Rhythmen sammelte, vorantrieb und wechselte, passte ebenso. Der Mann, dessen Haar wie Rapunzel bis zum Boden reicht, ist auch Komponist und spielte Schlagzeug mit zahlreichen Bands von kreativem Jazz über Weltmusik bis zu Rock und mehr, und es passte. Der 60-jährige Berliner Import Gebhard Ullmann, bestückt mit Tenorsaxofon und Bassklarinette noch der „normalste“ im Jazz Quartett, passte natürlich. Und Steve Swell aus Newark/New Jersey, der mit 64 Jahresringen älteste der vier, hielt die Augen ebenfalls geschlosssen, wenn er seinen Körper mit der Posaune bis zum Boden schwingen ließ, und auch das passte.
Variations on a Master Plan. Das macht Lust auf eine Reise nach Chicago, denn dort gibt es Creative Jazz vom feinsten, wie dieses Quartett. 2016 erschien Chicago Plan, ein selbst betiteltes Debütalbum bei Clean Feed. Davor hatte jeder der vier schon zahlreiche CDs in anderen Gruppierungen und Projekten aufgenommen. An diesem Abend war Chicago in Graz und hat die Zuhörer musikalisch bereichert, wofür Otmar Klammer zu danken ist. Die Stadt Chicago wird dennoch ein Reiseziel auf meiner Bucket-List bleiben.
Das Trio rund um den atemberaubend virtuosen Trompeter ist schon jetzt eine der erfolgreichsten Jazzbands, die das Land in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Mittlerweile waren Mario Rom und die Seinen mit ihrer so unbekümmerten wie ungestümen Musik schon auf der halben Welt zugange. Gerade erst waren sie in Kanada, Marokko, Indien und in Admont, wo sie ihr neues – drittes – Album präsentiert haben.
Mit der surrealistisch witzigen, vierteiligen Online-Filmserie Everything Is Permitted, eingefangen zwischen Mexiko, New Orleans und Österreich, erregten Rom, Kranzelbinder und Pirker großes Aufsehen und haben damit schon vor ein paar Jahren ein kleines Stück europäische Musikgeschichte geschrieben. So etwas hatte man bislang noch nicht gesehen!
Das dritte Album
Nun kommen die drei bärtigen Herren mit den ausgeflippten Ideen zur Präsentation ihres dritten Albums ins Stockwerk zurück.
Ein seltener Beweis, dass sich hot und cool oder free und retro nicht ausschließen müssen. Sie räumen alle stilistischen Wegweiser zur Seite, swingen, grooven, dampfen, nehmen abrupt Tempo aus der Bewegung, sie spielen, wie es ihnen die Energie gerade gebietet.
MARIO ROM´S INTERZONE (A) sind Mario Rom – trumpet, Lukas Kranzelbinder – bass und Herbert Pirker – drums.
80 Jahre Wolfgang Dauner –Das Jubiläumskonzert heißt das neue Album Dauners, mit dem der SWR sein Lebenswerk ehrt. In der Tat ist es das Beste aus den zwei Konzerten vom 23. und 24. Jänner 2016 im Stuttgarter Theaterhaus; und das gleich mit zwei Dauners: auch Sohn Florian Dauner ist Musiker, am Schlagzeug, wenn es nicht gerade von John Hiseman bedient wird.
Ich habe den deutschen Altmeister (Jahrgang 1935) einmal mit dem Bassisten Eberhard Weber im United Jazz & Rock Ensemble erlebt, aber nie Solo. Deshalb bin ich dankbar für dieses Tondokument, das man unter die großen Jazzpianisten wie Friedrich Gulda, Keith Jarrett oder Herbie Hancock einreihen kann.
Das Konzert wird mit der Eigenkomposition Drachenburg eröffnet, einem wunderschönen Solo am Piano, auf Track zwei begleitet ihn bereits Flo am Schlagzeug und auf Track drei arbeitet Dauner am Keyboard eines Moog Synthesizers, was seine Grenzüberschreitungen Richtung Fusion und Jazzrock bestätigt. Aus jungen Jahren werden Happenings mit seinem nackten Schlagzeuger Fred Braceful im Wolfgang Dauner Trio kolportiert; die habe ich leider versäumt und das wäre auch eine ganz andere Geschichte. Aber all die großen Namen des deutschen Jazz sind da: Albert Mangelsdorff steuert z.B. seinen Wheat Song bei, Christof Lauer ein großartiges Sopran Sax und u.a. gibt es sogar ein Tribut an George Gershwin zu hören.
Das United Jazz & Rock Ensemble gibt es bereits in Second Generation auf dieser CD und Dauner und die Jungen fetzen so richtig los. Ein Jazz Album, das keine musikalischen Wünsche offen lässt und wieder einmal aufzeigt, wie breit das Œvre tatsächlich ist.
Das fesche Großmütterchen Hatz aus dem Steirerland hatte mich zwar zur Präsentation des neuen Albums nach Wien eingeladen, aber der lange Weg von Stattegg war mir an jenem Abend zu mühsam. Doch bald darauf steckte ein handgeschriebenes Kuvert mit ebensolchem Kärtchen und der neuen CD in meinem Postkastl: „Lieber Gerald […] wir würden uns wieder über ein paar Worte von dir freuen, herzlichstFranziska Hatz„. Wir hatten uns nur einmal bei einem Konzert in der Grazer Postgarage gesehen, aber offenbar war die Sympathie gegenseitiger Natur. Klok, eine Wiener Formation im Bereich Jewish-Balkan-Jazz kannte ich noch nicht, jedoch wurde schon beim ersten Querhören des Albums klar, dass sich Großmütterchens Akkordeon mit der orientalischen Klarinette von Richard Winkler gut verstehen würde.
Neben Hatz und Winkler, der auch am Saxofon ein wahrer Meister ist, sind auf diesem „Salon Oskar“ betitelten Album noch Jörg Reissner an der Gitarre, Roman Britschgi am Bass und Saša Nikoliç am Schlagzeug zu hören. Alle Musiker zeichnen sich auch als Komponisten aus und bis auf Britschgi, den Bassisten, bringen sie auch ihre Stimme sporadisch zu experimentellen Texten von Hatz und Pichlbauer ein:
Tausende Traktoren/ Tanzen durch die Gurkenfelder/ Eine Frau mit roten Ohren/ Hat den Überblick verloren/ Und sie pflückt jetzt nicht mehr Gurken/ Sondern teure Abendkleider/ Sie pflückt heiße Schokolade, Tulpen, Eierschneider.
So hört sich etwa eine Strophe aus „Trattoria“ von Hatz und Pichlbauer an. Da ist man froh, wenn man auf der CD die Texte nachlesen kann, wenn auch die kleinen schlanken Grossbuchstaben im von Joanna Styrylska grafisch schön gestalteten Album bei uns Älteren die Verwendung einer Lesebrille erfordern.
Kleiner Wermutstropfen: Beim Import in meine iTunes musste ich leider feststellen, dass das Album nicht in den Gracenotes zu finden ist. Das wird hoffentlich bald nachgeholt, denn wer tippt schon gern jeden einzelnen von 13 namenlosen Tracks einer „Audio CD“ und scannt auch noch das Cover in seine Mediathek?
Musikalisch gibts nix als Lob. Aber anderes hätte ich von Großmütterchen Hatz und ihren Jazz-Freunden auch nicht erwartet. Leidenschaftliche Musiker und geschliffene Kompositionen, gepaart mit perfekter Studiotechnik und Tonmeistern, die ihr Handwerk verstehen, ergeben nun einmal gehobenes Hörvergnügen, das auch tanzbar ist.
Tausende Traktoren/ Säen Winterweizensamen/ Primfaktoren Diktatoren/ Nächte ohne Kosenamen…// Und sie pflücken nicht mehr Gurken/ Sondern Thonet Garderoben/ Tauben Himbeermarmelade/ Mäuse und Mikroben.
Amüsiert lese ich dann noch Großmütterchens selbst verliehene Bezeichnung als „Master of Social Management„… What the … ?
Ich kenne Berndt Luef seit einem Auftritt im “Klub Links” circa anno 1978. Und er ist seinem politischen Engagement all die Jahre treu geblieben. So heißt sein neuestes Album Chile, 11.09.1973 und die erste Fassung – seine erste längere Komposition – entstand spontan nach der Nachricht über den faschistischen Putsch in Chile. 1981 hat er diese Komposition für seine damalige Gruppe “Mirror” überarbeitet und in vier Sätzen zu einer Suite zusamengefasst: Land & Bevölkerung / Das Wahlbündnis “Unidad Popular” / Wahlsieg / Todesmarsch, um die Jahre 1969–1973 musikalisch auszudrücken. Im Dezember 2013 hat er es anlässlich des 40. Jahrestages wieder hervorgeholt, für das Berndt Luef Quintett arrangiert und im Musicgarden Studio aufgenommen. Jetzt ist es als nummerierte limitierte Sonderproduktion erschienen. Dieses Album (meine CD trägt die Nummer 41) landete unlängst mit einem handgeschriebenen Begleitbrief in meinem Postkasten.
Allein das verdient im Jahre 2014, wo in der Schule leider kein Wert mehr auf schöne, flüssige Handschrift gelegt wird, weil nur mehr auf einer Tastatur getippt wird, besondere Erwähnung. Berndt ist vom alten Schlag. Nicht so seine Musik. As ehemaliger Schlagzeuger ein Meister am Vibraphon, swingt sich das erste Stück, HZL, leicht in die Ohren, man fühlt einen Hauch Latin-Jazz, denn es ist, wie auch das letzte Stück, Saida, bei Besuchen in Lissabon entstanden und der Nelkenrevolution in Portugal im April des Jahres 1974 gewidmet. Dazwischen erklingt die Chile-Suite in vier Sätzen.
Wenn man als Zuhörer mit der Geschichte vom Putsch in Chile 1973 vertraut ist, machen die Rhythmen und Melodien der vier Sätze, oft getragen vom geschmeidigen Saxofon oder der Zauberflöte des talentierten Mister Dunst, durchaus Sinn. Spätestens im 3. Satz wird man wachgerüttelt, wenn sich unverhofft aus sanften Klängen ein Chaos entwickelt, wobei man erst glaubt, die Aufnahme oder die Tonanlage spiele verrückt, bevor im 4. Satz die Miliz unter General Pinochet einmarschiert.
Aber – und das ist mein einziger Einwand – wenn man nichts oder wenig von lateinamerikanischer Geschichte weiß, erfordert es große Neugier, einem Ereignis ausschließlich durch instrumentalen Ausdruck nahezukommen, wenn es gänzlich ohne Worte Gefühle wie Freude, Zorn oder Trauer vermitteln will. Ich wäre mit dem Thema aus der Quintett Besetzung ausgebrochen und hätte Texte (Pablo Neruda hätte sich angeboten) eingebunden. Aber ich bin kein Jazz-Komponist und schon gar kein so begnadeter Musiker wie Berndt Luef. Daher sind diese 21:15 Minuten immer wieder hörenswert.
Das Berndt Luef Quintett sind Patrick Dunst (Sopransax, Flöte), Stefan Oser (Gitarre), Berndt Luef (Vibraphon, Percussion), Thorsten Zimmermann (Bass) und Viktor Palic (Schlagzeug).