Die CD Release Show im Orpheum Extra war ein Erfolg. Das Trio I Love Milk wärmte auf, und nach der Umbaupause eröffneten Miriam Bichler und Fabio Schurischuster den Mainact hinter dem Publikum, bis Bernhard Wimmer mit wuchtigem Drumsolo die Aufmerksamkeit nach vorne lenkte. Gemeinsam mit Albrecht Klinger und Burghart Frauenlob rockte die Band gute zwei Stunden, holte sich zwei Gäste auf die Bühne und gab noch zwei Draufgaben. Barbara Belic postete um 23:47 auf Facebook: “Man sah nachher im Publikum nur glückliche Gesichter”. Soweit zum Konzert.
Nun zur CD, die Knallgelb-Orange vor mir am Schreibtisch liegt und auf der ich fast nichts entziffern kann außer fünf Unterschriften in schwarzem Marker. Die Bandmitglieder haben nach dem Konzert jede CD beflissentlich signiert. Das war auch eine Gelegenheit, ein paar freundliche Worte mit der 24-jährigen Salzburgerin zu wechseln. Danach ging man glücklich nach Hause. Doch halt! Das war – gemäß dem Genre, das sich die Band zuordnet – ein Popkonzert. Da summt, pfeift oder singt doch jeder einen Hit am Heimweg. Von diesem Abend blieb keine Note im Kopf und ich glaube zu wissen, warum. The Tiptoes machen keine Popsongs, die machen Lieder zum Zuhören!
Eben habe ich meine Besprechung der Debüt-EP vom Mai 2015 wieder gelesen und wollte sie inhaltlich fast wiederholen, bis ich zur Erkenntnis gelangt bin, dass sich die Band im falschen Licht präsentiert. Das poppige Artwork sollte dem eines Singer-Songwriter weichen. Hier zählen (hör- und lesbare) Worte, nicht (sing- oder pfeifbare) Melodien. Liesse man sich etwa in einem Restaurant instrumental berieseln, würde man die Musik der Tiptoes als angenehm aber nicht einprägsam einstufen. Obwohl ich aufhorchte als sich „She Says“ anfangs wie „Riders on the Storm“ von den Doors anhörte. Apropos Doors: Die Altvorderen hatten es wesentlich leichter, sich musikalisch einzuordnen. Damals gabs nur Rockmusik oder Radio Steiermark.
Anyway. Es hat mich gefreut, „Hide and Seek“ auch auf dem neuen Album wieder zu finden, das ist ein genialer Song, dessen Lyrics mir im Gedächtnis geblieben sind. Aber auch die anderen neuen Lieder leben von den Texten, in denen es meist um zerbrochene Beziehungen geht. Na ja, warum sollte es nicht wie im richtigen Leben sein.
Im Titelsong heisst es etwa ... distance makes you run even further/ and I’m running after you/ distance makes you look for someone better/ though I’m the best for you/ OK. An Selbstbewußtsein mangelt es den jungen Textern jedenfalls nicht. Aber ob sie als Band durchstarten werden?
Erst ein drittes Album wird restlos überzeugen.