YEAH, zwei Jahre sind übers Land gezogen, seit ich mit Andreas Klinger ein längeres Gespräch in einem Café in der Grazer Innenstadt führte und das VIECH ist inzwischen herangewachsen. Neue Köpfe sitzen mit Andi und Paul am Küchentisch, wo sie ihre Texte „in lyrischer Basisdemokratie“ schreiben: Christoph Lederhilger, David Reiterer und Stephan Paulitsch. Fünf g’standene Steirer, ein Kollektiv ohne Frontmann, denn die bärtigen Burschen kochen alle auch an eigenen Süppchen. Wie ich schon zum Duo anmerkte, sind das fleißige Vollblutmusiker und sehr kreative Texter.
Da ich den „Steuermann“ zu meiner persönlichen Hymne gemacht habe, war meine Erwartungshaltung hoch, was das zweite Album betraf. Ich muss zugeben, dass ich es ganz gierig heruntergeladen habe, aber dann erst eine Weile abliegen lassen musste, bis es sich in meinem Kopf ausbreiten konnte. Ich denke, dass es zu schnell ins Tanzbein ging, was von den genialen Texten ablenkt, die mit so ziemlich allen Sprachhülsen aufräumen. Aufmerksames Zuhören vorausgesetzt.
„Der Sandmann streikt“ scheint ein Bindeglied zum früheren VIECH, das mit weniger dafür schräger Instrumentierung auskam. „Deine kalten Füsse“ [tanzen schlecht] kommt in den letzten Takten wieder dorthin, aber durch das Album treibt eben der Beat einer vollständigen fünfköpfigen Band. Ich denke zwar, dass VIECH damit bei einem größeren Publikum punktet, mir aber fehlen die leisen Stellen zum Ausruhen, zum Zuhören, auch wenn die Worte herausgeschrien werden. In „Dr Love“, einer romantischen Liebeserklärung per Kontaktanzeige, gelingt das noch am ehesten und „Heute nichts und morgen mehr davon“ ist wiederum ein Lied ganz nach meinem Geschmack. Die beiden konträren Singstimmen, der abstrakte Text, die zurückgenommene Lautstärke, das stärkere Akzentuieren zarter Klänge.
Ich habe Johna nie live gesehen, die CD kam unverlangt zu mir, dennoch erzeugte das erste Reinhören in die Tracks dieses Debut-Albums bald ein gutes Gefühl – und das kann die Welt brauchen, so der Kommentar meiner Freundin.
Johna ist eine Kölner Band, deren zwei tragende Säulen Singer/Songwriter Nadine Kraemer und Pianist Kolja Pfeiffer aber auch als Trio oder in größerer Besetzung gerne auf die Bühne gehen. Bislang sind sie noch nicht in Österreich aufgetreten, weshalb sie hierzulande weitgehend unbekannt sind. Aber das sollte sich ändern. Einflüsse kommen von Sarah McLachlan, Heather Nova und Jewel, aber auch von Angus & Julia Stone, denke ich, ohne Nachahmungen.
Auf dem Album „The Long Way Home“ ist alles handgemacht: Die Kompositionen, die Lyrics und handgespielt auf richtigen Insrumenten wie z.B. „Heart on a Plane“, einer entzückenden Nummer mit Ukulele Begleitung, oder „One More Time“ mit Streichern. Aufgenommen und produziert hat das Album Peter Malick in Los Angeles, der u.a. mit Norah Jones gearbeitet hat. Neben Peter Malick an den Gitarren, waren Mario Calire, Jon Ossmann, Stephen Patt, Justine Bennett und Stevie Blacke im Aufnahmestudio.
Nadines sanfte Stimme schmeichelt sich ins Ohr, die Texte sind gut geschrieben und gut verständlich und ich verzeihe ihr gerne das gelegentliche der Country & Western Music entlehnte „Raunzen“. Sometimes we’re moving too fast, sometimes we move slow, sometimes we move into the wrong direction. („Wrong Direction“) Meiner Meinung nach stimmt die zeitlose Richtung, die Johna eingeschlagen hat.
Ich hatte das Glück, Rachel vor zwei Jahren in Gleisdorf kennenzulernen. An jenem Abend war meine Freundin krank und musste daheim bleiben. Dass ich dennoch mit anderer Begleitung dort war und von der hübschen Sängerin aus Schottland so schwärmte, hat sie mir lange vorgeworfen. Alles nachzulesen im Gangway Kulturmagazin.
Damals hatte ich Rachel Sermanni als sehr junge Frau mit der Stimme eines Engels wahrgenommen und war umso mehr überrascht, sie nun als schwarz-weißen Akt am CD-Cover zu sehen, mit rot akzentuiertem Kussmund und ihren gut getroffenen unschuldigen Augen. Will sie uns damit sagen, es sei vorbei mit der jugendlichen Naivität in der Liebe, von der ein Großteil ihrer Balladen handelt?
Den Reigen von zehn Liedern eröffnet „Run“, ein für Rachel Sermanni unüblicher und irgendwie an Patti Smith erinnernder Song mit montoner elektrischer Gitarre und ebensolchem Schlagzeug. Ein Singer/Songwriter wird zur Band setzt sich in „Wine Sweet Wine“ fort und bestimmt etwa die Hälfte der Songs. Erst in „Old Lady Lament“ und „Begin“ hört man wieder genau jene Stimme, die man vom Debütalbum Under Mountains kennt und liebt, wird aber in „I’ve Got a Girl“ schnell belehrt, dass sie auch andere Seiten zeigen kann, als die einer süßen Tomate.
„Don’t Fade“ ist für mich der Schlüssel zu Tied to the Moon. Ein samtener Song über das Verblassen von Gefühlen, in dem sie ihre Stimme sehr schön zur Geltung bringt, und der nur sehr zart instrumentiert ist. Als Gegenstück könnte „Tractor“ herhalten, ein Popsong mit schrillen Tönen und einem fast aufdringlichen Beat, der mir gar nicht gefällt.
Die Ballade vom „Ferryman“ hingegen wird begleitet von den typischen Klängen einer Ukulele und die Schottin zeigt uns, dass ihre Stimme auch noch höhere Töne erklimmt, bis sie von Streichern abgelöst wird, um die Geschichte einwirken zu lassen: I asked the old man about crossing the river. In ihrem nächsten Song, „Banks Are Broken“ lässt sie sich von einer nie zuvor gehörten Stimme ablösen, Jennifer Austin, die sie traumhaft ergänzt. „This Love“ erzählt schließlich mit den zusätzlichen Stimmen von Nicola und Fiona MacLeod von den immer wieder kehrenden Schmerzen der Liebe.
Die junge Band aus Graz und Wien hatte mich zu ihrem Gig beim Augarten Fest eingeladen. Der war um 13 Uhr angelegt und das war mir zu früh, also habe ich sie ein paar Tage später im Scherbenkeller gesehen. Melodies & Masterplans ist ihre erste EP und die rosafarbige Scheibe ist noch ganz frisch (released 4.2.2015).
Kaiko (nicht die japanische Kaiko, sondern die österreichische Band) sind Kathrin Kolleritsch – Lead Vocals & Acoustic Guitar, Ines Kolleritsch – 2nd Lead Vocals, Piano & Glockenspiel, Phil Maier – Electric Guitar, Georg Schober – Bass & Backing Vocals und Thomas Gieferl – Drums & Percussion. Kathrin ist der Kopf der Band, wobei ich es besonders schön finde, wenn sie die Ukulele spielt und die Gruppe a cappella dazu singt.
Stilistisch passt es wohl in die Pop/Groove Schublade und ist mitunter sogar jazzig. Kathrin ist Singersongwriter, spielt barfuß die Gitarre und bewegt sich dabei so quirlig, dass es den Fotografen kaum gelingt, sie scharf ins Bild zu bekommen. Sie spielen Eigenkompositionen, die gut ins Ohr gehen. Hörbeispiele der fünf Tunes der EP gibts z.Zt. nur bei Bandcamp (siehe unten, dort auch zu kaufen), denn leider sind sie (noch) nicht auf iTunes.
Von anderen (älteren) Bands namens KAIKO gibt es allerdings schon einige Alben am Markt, was die Frage aufwirft, warum eine junge Band sich nicht eine neue unverwechselbare „Marke“ kreiert, wenn der Wunschname schon in Verwendung ist. Dass zwei, drei Bands unter demselben Namen (den sollte man sich schützen lassen) veröffentlichen, fällt mir in letzter Zeit immer öfter auf, weil es einem Journalisten die Recherche erschwert. Aber einerlei, ob diese Band nun weiter Kaiko oder Kaiko2(3) oder sonstwie heissen wird, das Quintett hat jedenfalls Zukunft.
Bundeshymne hin oder her, dieses Land ist tatsächlich voll großer Söhne! Meine persönliche Entdeckung am Augarten Fest waren diese zwei Oberösterreicher, ein Niederösterreicher und ein Steirer (der schönste Gitarrist der Band, von dem alle steirischen Mütter als Schwiegersohn träumen) mit dem seltsamen Bandnamen, die sich noch dazu alle vier irgendwas mit „E“ nennen (Ewald, Eberhart, Erwin und Edwin). Warum, soll vorläufig ein Geheimnis bleiben, meint Edwin in einem Gespräch nach dem Auftritt, es habe etwas mit dem Muttertag zu tun …
Die Musik ist „epic“ (das Modewort der Saison, das „geil“ abgelöst hat), die Band ist jung, die Bühnenshow voller Saft, sie haben keine Scheu, das Publikum einzubeziehen und tun es auch. „Ganz Graz“ hat sich brav acht Schritte vor und zurück bewegt und sogar die Altvorderen sind gehüpft und haben getanzt wie die Jungen.
Die Besetzung Schlagzeug, Trompete, Gitarre und Turntables legt in etwa die musikalische Richtung der Gruppe fest. Tanzbare Musik, die ein bißchen an Parov Stelar erinnert, der ja auch aus Linz kommt. Am Debüt-Album wird gearbeitet, man darf gespannt sein!
Die Widmung, die mir Laura „Laus“ Winkler, die kleine Frau aus Graz mit der großen Stimme, in die CD schreibt, lautet Listen to your heart, Für Gerald! Laus. Kennt sie mich näher, frage ich mich? Doch, nein, ist bloss einer jener Zufälle, jedenfalls stammt das aus den Lyrics eines der 15 Tunes des neuen Albums Eat, Drink & Be Merry.
War es nur ein simpler Ratschlag oder versteckt sich auch tiefere Bedeutung dahinter? Essen und Trinken wäre mir noch zu wenig, um fröhlich zu sein. Als ich die Texte nachlese, bin ich hinterher auch nicht schlauer. Also lege ich die Scheibe ein und spiele sie den ganzen Vormittag rauf und runter. Mal sehen, ob ich dann die Lyrics verstehe. Damit meine ich natürlich nicht die Worte, sondern die Botschaft dahinter. Mittagszeit. Leerer Magen?
Nee, nix. Und dabei isses nich mal Berliner Schnauze. Trotzdem erfüllt mich langsam kulinarische Fröhlichkeit bei dieser Musik. Ich schwinge mit, finde den U-Bass cool und dass ’ne Frau die Drums bedient und die kleene „Laus“ kann auch mit ihrer Stimme umgehen. Dann is ja alles jut. Jetzt wippt auch schon der Kopf auf den Schultern … alle anderen Zutaten kann man sich selber auf www.hollermydear.com zubereiten. Erwähnenswert ist auch das schrullige Artwork des Bassisten – essbare Instrumente – wie die Karottete, das Akkordieschen, Auberginoline, Kontranabass und Mikroffel. Mahlzeit.
Die Berliner Band Holler My Dear sind die Österreicher Laura „Laus“ Winkler (Vocals, Fender Rhodes, Glockenspiel, Choir) und Lucas „Lukasch“ Dietrich (U-Bass, Vocals, Choir), der Brite Stephen Moult (Trumpet, Vocals, Rap, Choir), der Deutsche Fabian Koppri (Mandolin, Guitar, Vocals, Choir), sowie die Russen Valentin Butt (Accordeon, Choir) und Elena Shams (Drums, Choir). Eine multikulturelle Band in der Tat, die unter der resoluten Hand der petiten Laus bunte Blüten treibt.
Mein Gott, wie schnell die Zeit vergeht! Vor 35 Jahren habe ich Leo Kysèla das erste Mal zu einem Gig bei den Grazer Straßenliteraturtagen eingeladen. Ohne Honorar, denn damals hatten wir zwar viel Umpf, aber keine Kohle. Heute habe ich Leo wieder auf die Bühne geholt, wieder ohne Gage, aber für einen guten Zweck. Dafür sei ihm herzlich gedankt. Seiner Berufung und seinem Beruf treu geblieben, ist er schon lange Berufsmusiker, lebt von seiner Kunst und ist in all den Jahren gereift, spielt viele Konzerte mit Freunden, wie Jörg Veselka (siehe unten) und hat ein treues Stammpublikum.
Sein aktuellstes Album „Soul Singer“ sammelt das Beste, was er an Balladen in den letzten 25 Jahren geschrieben bzw. interpretiert hat und er widmet es all den Musikern, die mit ihm in dieser Zeit gearbeitet haben. Natürlich kann er auch schnelle Hadern aus der Gitarre holen, aber in den langsamen Stücke liegt seine wahre Stärke, wenn er dazu seine Stimme richtig einsetzt und es im Publikum mucksmäuschen still wird. Solchermassen geschieht es bei seiner Blues-Crossover-Soul-Musik, die eine schöne Stimmung verbreitet, die Seele, an der es dieser Welt ohnedies mangelt.
Jörg Veselka und Leo Kysèla live in der Auster, Eggenberg
Leo Kysèla
Jörg Veselka und Leo Kysèla live in der Auster, Eggenberg
Berndt Luef ist sicher einer der fleissigsten Jazz-Musiker in Graz. Für dieses Album hat er Auszüge aus gleich drei Projekten zusammengestellt, die er zum Anlass des zwanzigjährigen Bestehens des Jazztett Forum Graz initiiert hatte. Nach den politischen Themen der letzten zwei Alben (Labyrinthe und Chile) hat er diese Produktion, wie er es ausdrückt, tief im Herzen des Jazz verankert und wie ein traditionelles Konzert konzipiert.
Wie schon bisher – nichts anderes war zu erwarten – sind alle Stücke meisterhaft komponiert, arrangiert, wie auch professionell im TomTone Studio von Helmut Tomschitz eingespielt, damit kein Bein ruhig bleibt. Keep swinging!
Dem Intro folgt Bluesing, dem ersten Projekt, mit schönen Harmonien (KIDPE bedeutet „keine innovativ-dynamische Programmentwicklung“), Interlude 1, das zweite Projekt, Reflections of a night, widmet sich der wunderbaren Stimme von Dorothea Jaburek, die selbst die Lyrics verfasste, dann leitet Interlude 2 in das dritte Projekt: Traveller’s Tales, Teile seiner musikalischen Reiseerzählungen, und das Album wird abgeschlossen mit PSOYG (Kompositionen im Stil von Ornette Coleman, für Viktor Palic).
In Summe ergibt das gute 60 Minuten (60:52, um präzise zu sein) völlig entspannten Hörgenuss.
Das Cover verwendet eine schillernde Arbeit von Berndts Partnerin, Viktoria Dusleag. Leider ist das Album noch nicht bei iTunes erhältlich, sondern nur als CD. Ich musste daher das Cover selbst scannen und einige Infos in der Gracenote media database ergänzen. Aber wer „echte Instrumente“ (in: Gangway Specials) von Big Band bis Funk so gut einzusetzen weiss, braucht sich um die digitale Welt wohl (noch) nicht zu kümmern.
Berndt Luef
Jazztett Forum Graz sind Thomas Rottleuthner (Bariton Sax), Patrick Dunst (Soprano und Alto Sax, Flute und Bass Clarinet), Dragan Tabakovic (Guitar), Viktor Palic (Drums), Axel Mayer (Trumpet und Flugelhorn), Berndt Luef (Vibraphone und Percussion), Reinhard Summerer (Trombone), Thorsten Zimmermann (Bass) und Klemens Pliem (Tenor Sax). Info: www.berndtluef.at
Der Wiener Gitarrist Markus Schlesinger wirkt sehr sympathisch, als ich ihn vor seinem Auftritt im Alpengarten Rannach in Stattegg treffe. Aber nicht nur das, der Autodidakt – der sich zwischen einem Psychologiestudium der Oma zuliebe und der geliebten Gitarre Gott sei Dank für die brotlose Kunst entschieden hat – spielt „fingerpicking“ ganz in der Tradition von Werner Lämmerhirt, Peter Ratzenbeck, Leo Kottke, Hannes Urdl, oder dem verstorbenen Gerry Lockran, eine fingerfertige Spielart, die Bass-, Akkord- und Melodiespiel auf nur einer akustischen Gitarre vereint.
Das ist Musik, die ich in den 70ern und 80ern immer wieder gerne live im Schloss Freiberg gehört habe. Ich bin sogar im Besitz einiger signierter Vinylplatten. Jetzt, 30 Jahre danach, setzt sich die Faszination, die subtile Klänge in einer elektronisch-dominierten Soundwolke auslösen, fort. Jetzt besitze ich auch eine signierte Schlesinger-CD. Diese CD ist das zweite Album in seiner Karriere und in gewisser Weise eine Reaktion auf die Rezension eines Redakteurs auf sein Debütalbum, dass es gänzlich in DUR komponiert sei. Daher kommt in Don’t Be Afraid! (eine Übersetzung des Wienerischen Originaltitels Scheiss di ned au) nun auch MOLL zum Einsatz.
So wie im Titelsong, der ausgesprochen gut ins Ohr geht. Überhaupt sind seine Eigenkompositionen großartig. Verständlich, dass er auch bekannte Tunes bearbeitet und in seinem Stil arrangiert. Das gefällt dem Publikum. Aber die eigenen Tunes wie Heureka, Don’t Worry oder My Way Part II sind die wirklichen Perlen im Programm. Nett auch, wie er so manch eine Anekdote zu seinen Liedern erzählt. Musik mit zarten Obertönen zum Zuhören!
An dieser Stelle soll auch noch auf das 6. Vienna Fingerstyle Festival hingewiesen werden. Das Akustik-Gitarrenfestival findet am 9. und 10. Oktober 2015 im Kabarett Vindobona statt. Info: www.fingerstylefestival.at
Seit 2011 verbindet Alma volksmusikalische Bodenständigkeit spielerisch mit komplexen Arrangements. 2013 erschien Nativa, deren Debütalbum, und nun legt die Band Transalpin als zweites Album vor.
So weit die Phantasie zu hören vermag lautet das Motto der zart blaugrauen CD, die in der Grazer Postgarage bei Pangea (Weltmusik-Reihe) präsentiert wurde. Dass just zur selben Zeit andernorts der Steirische Geigentag stattfand, war wohl Zufall. Diese drei Geigen, eine Harmonika und der Kontrabass beschallten den 2nd floor unplugged – also ohne den Einsatz jeglicher Mikrofone und Verstärker – und wurden fallweise auch noch von den jungen Singstimmen unterstützt. Das Publikum dankte es mit konzentrierter Stille, in der sogar der Verschluss der Kameras von zwei oder drei Fotografen ab und zu hörbar war.
Die fünf Musiker, ein junger Mann und vier Frauen – die, wie Barbara, eine kleingewachsene Radiojournalistin nach dem Konzert bemerkte, allesamt sogar noch kleiner seien als sie – brauchten nicht mit Körpergröße zu beeindrucken, dennoch bot ich mich an, den Kontrabass zu tragen, was dankend abgelehnt wurde.
Julia (Geige, Gesang) und ihre Schwester Marlene Lacherstorfer (Kontrabass, Gesang) stammen aus Oberösterreich, Evelyn Mair (Geige, Gesang) aus Südtirol, der Hahn im Korb Matteo Haitzmann (Geige, Gesang) ist Salzburger und Marie-Theres Stickler (Steirische Harmonika, Gesang) kommt aus Niederösterreich, und gemeinsam führen sie mit Leib und Seele (con alma y vida) vor, dass zeitgenössische Volksmusik lebt.
Ein umfangreiches zweisprachiges Begleitheft zur CD liefert Texte, Anmerkungen der Künstler und Hintergrundinformationen zu den Stücken und bietet vorweg auch gleich eine blumige Vorbesprechung des „Austrophilen“ Briten Gavin Plumley, der für den BBC und „Musikpublikationen in aller Welt“ schreibt. Ich denke mir, too much information, denn sollte nicht die Phantasie jedes Zuhörers eine „musikalische Seelenwanderung“ durch die Berge entlang eigener Wege begleiten? OK. Man muss es ja nicht lesen, einfach die Augen schließen, zuhören und hoch über die Almen fliegen.
Wer sollte sich nun gleich ein Alma-Album kaufen, ohne die Gelegenheit, sie zuerst live zu erleben? Musiksammler mit breitem Geschmack, in deren Regalwänden zwischen Philip Glass und Hubert von Goisern noch Platz für schräge Klänge ist, die manchmal mit einer Prise Jazz, dann wieder mit Minnesang oder Jodlern gewürzt sind und wohl aus Hausmusik mit offenem Blick in die weite Welt(musik) gekocht wurden. Schmackhaft!