Session Work Records
Trieste 2013
Wiederum eine schöne Entdeckung auf der Hör- und Seebühne im Skulpturenpark des ORF Funkhauses in Graz. Gestern zur letzten Veranstaltung der Reihe füllte sich der Rasen derart schnell, dass immer neue Bankreihen aufgestellt werden mussten, ja sogar die Würstel gleich ausverkauft waren. Der erst 30-jährige Grazer Clemens Johann Setz war das Zugpferd, die Jazzformation rund um Michael Lagger die eigentliche Überraschung: Michael Lagger, Lukas Raumberger & Philipp Kopmajer, feat. Clemens Johann Setz.
Zu vom Autor selbst gelesenen Texten schrieb der am 1. Februar 1986 in Klagenfurt geborene Komponist Michael Lagger, der im Rahmen der 36th annual Downbeat Student Music Awards in den Bereichen Jazz Soloist (für seine Komposition „Manuskript“) und Jazz Arrangement (für die Bearbeitung der Tori Amos Nummer „Precious Things“) ausgezeichnet wurde, wundersam durch die Lüfte schwebende Tunes, die einen in der Dunkelheit berührten.
Jene zwei prämierten Werke sind, wie die beiden von mir (in bescheidener Tonqualität) live aufgezeichneten Stücke „Kontaktanzeige“ und „Warum ich kein großer Liebhaber bin“, ebenfalls auf dem neuen Album „Manuskript“.
Auf diesem Konzeptalbum, zu dem Setz – der die anfängliche Schwierigkeit den Einsatz nicht zu verpassen im Studio im italienischen Triest überwunden hat – seine Texte spricht, wachsen die gelesenen Worte durch die Musik, gewebt am Piano, auf dem Laggers Finger spielerisch leicht, manchmal zärtlich, dann wieder schnell, jedoch immer sehr präzise über die Tasten zaubern. Dabei wird er einfühlsam vom an Eberhard Weber erinnernden Lukas Raumberger am Bass, sowie dem hervorragenden Drummer Philipp Kopmajer unterstützt.
Christoph Irrgeher (Wiener Zeitung) sagte über das Album, das quasi die Ideen von „Poesie und Musik“ aus den 80-ern in die Gegenwart extrapoliert, „Dass Text und Musik à la longue immer mehr ineinanderwachsen, ohne einander zu behindern, wirkt dann fast schon natürlich. Ist tatsächlich aber ein Kunststück.“ Und ich kann das nur bestätigen, da Lyrik auch mein Metier war (und immer noch ist).
„Manuskript“ sollte man sich kaufen. Ich kann nur hoffen, dass es noch zu weiteren Symbiosen mit Autorinnen und Autoren kommen wird. So bleibt Jazz eng am Puls der Poesie.
PS.: Der fleißige Kärntner ist (oder war) übrigens auch in folgenden Projekten künstlerisch tätig: Michael Lagger Trio & Clemens Setz / Akrostichon (Tentett) / Akrostichon & Chor / Playgrounds (Leitung: Tjaša Fabjančič) / Patrick Dunst’s Tripod / Angela Tröndle Mosaik / Cantanima (steir. Landesjugendchor; als Solist) / KUG Composers Orchestra / LMfour (Leitung: Lena Mentschel) / enine o four (Leitung: Patrick Thurner) / aura:l sculptures (Leitung: Laura Winkler).
Musiker sind auch Netzwerker. So hat er künstlerisch bereits mit Adrian Mears, Bob Brookmeyer, John Riley, Renée Manning, Charenée Wade, Rex Richardson, Roman Schwaller, Karl-Heinz Miklin, Wolfgang Puschnigg, Ed Partyka u.v.a. zusamengearbeitet. Ein echter Profi, der seit September 2010 darüber hinaus auch Doktorand an der Hochschule für Musik und Theater in München ist. Sehr fleißig, in der Tat.