Achim Kirchmair Trio – Sunkeeper

o-tone music
VÖ: 27.03.2020

Die Hieroglyphen Reinhard Artbergs am Album Cover „trompeten“ ein verschlüsseltes Rätsel hinaus: Achim Kirchmair, Bandleader des Trios mit Ali Angerer und Andjelko Stupar, holt sich als vierten Mann den Slowenen David Jarh. Ob er der geheimnisvolle Sonnenbewahrer ist? Seine samtene Trompete fügt sich jedenfalls wohltuend in die Klänge des Tiroler Gitarristen mit Grazer Vergangenheit und serbischem Rhythmus. In diesem Zusammenhang ist vielleicht interessant, dass ich gerade dieses Album auf der Rückreise von einem Trip ans Meer im Auto hörte. Mit dem Tempomat auf 130 hat es mich auf der Autobahn von Laibach bis Marburg begleitet.

Anders als „Going to Ladakh“, dem letzten Album des Trios, das allein durch die Instrumentierung (Tuba, Gitarre und Schlagzeug) schon unkonventionell klang, fühlt sich der Hörer in „Sunkeeper“ in einer Wolke traditionelleren Jazz, der in seiner Leichtigkeit behütet und sich jedem Tempo anpasst. In den zart gewebten Kompositionen, die zum Großteil aus der Feder Achim Kirchmairs stammen, kommt es immer wieder zu Dialogen zwischen Gitarre und Trompete, ohne sich spielerischer Freiheiten zu verwehren. Die akustische Klammer dafür wird wie bisher vom erprobt kompetenten Schlagzeuger Andjelko Stupar und dem Bassisten Ali Angerer geformt, der für dieses Album die angestammte Tuba gegen ein Saiteninstrument eingetauscht hat.

Achim Kirchmair Trio feat. David Jarh © AKT 2020

„Sunkeeper“ ist ein sanft schwebendes, leichtfüßig schönes Jazz Album, das auf eine weitere Zusammenarbeit der vier Herren nach dem Ende der Pandemie hoffen läßt.

Website: www.achimkirchmair.com

Gerald Ganglbauer

Patiri Patau – Für immer Swoboda

Seidenpapier Wien
VÖ 18.06.2021

Das Genre „Alternative Deutsch“ ist immer wieder für Überraschungen gut. Nächste Woche erscheint in dieser Schublade das Debütalbum einer fünfköpfigen Band aus Wien mit dem seltsamen Namen PATIRI PATAU (immer in Großbuchstaben), die Texte des Kabarettisten Homajon Sefat musikalisch so wunderbar einbettet, dass sie sich in seiner Stimme wie Gedichte anhören. Da spielt es keine Rolle, dass er nicht wirklich Gesang studiert hat. Sagt ja keiner, dass ein Kabarettist singen können muss. PATIRI PATAU (aka Die schönste Band der Welt) wollen eh nicht in eine Schublade gestopft werden.

Es begann, glaube ich, vor ein paar Jahren mit dem Nino aus Wien, der, weder mit ausgebildeter Stimme, noch durch herausragendes Gitarre-Spiel glänzte, die Lyrics in einem geraunzten Sprechgesang rezitierte. Mittlerweile gibt es einige Bands, die keinen Freddie Mercury haben, aber dennoch in jedem Detail verstanden werden, was auch auf PATIRI PATAU zutrifft, deren Lyrics allesamt deutsch sind. Die Platte könnte ein Prolog zum Kabarett-Programm SOLO sein. Selbst wenn wir near native English sprechen, erkennen wir in der Muttersprache auch noch die nuancenreichsten Emotionen. Peter Weibel hat mit dem Hotel Morphila Orchester bereits 1975 ähnliche Zeilen aus seiner Seele gequetscht, wie das unvergessliche „Liebe ist katastrophal, Liebe ist ein Hospital“.

Patiri Patau sind Homajon Sefat (Stimme/Lyrics), Andreas Gaubitzer (Gitarre/Gesang), Alexander Bartuschka (Mandoline/Gitarre), David Mazanek (Bass) und Christian Veit (Schlagzeug)©️ Christopher Glanzl
  • „Der Sommer ist vorbei und keiner geht hin“ (Weiße Wände)
  • „Ja, Liebe macht blind
    Seit ich dich kenne, habe ich sieben Dioptrien“ (Jalousie)
  • „Ich bin arm, und geizig
    Deshalb heiz‘ ich mit Briefen
    Die du nie schreibst“ (Von Währing nach Kritzendorf)
  • „Ich bin für dich da
    Außer ich bin nicht da“ (Hemd)
  • „Was man nicht kleben kann
    Muss kaputt bleiben“ (Avocados)
  • „Noch ein Kuss, dann ist Schluss“ (Entschleunigt)

Das sind kabarettreife Ansager, die sogar aus dem Kontext gerissen wirken. Irgendwer hat sie als „Poesie in der scheinbaren Banalität des Alltags“ bezeichnet. Kommt hin. Die Platte könnte daher als ein Prolog zu Homajon Sefats Kabarett-Programm SOLO gesehen werden, (wo übrigens ein alter Bekannter Regie führt) steht aber unabhängig im Raum.

Auch die visuelle Seite der Band ist schräg, sonnengelb mit unscharfen Fotografien, die wirken, als ob sie aus den 50er oder 60er Jahren (der Jugend des Schreibers) stammten. Eine Frage bleibt ungeklärt: Wer zum Teufel ist Swoboda?

Die einzige Referenz zur gegenwärtigen Pandemie findet sich in den letzten vier Zeilen von Entschleunigt, die auch meinen Beitrag zu Ende bringen.

  • Nein, wach waren wir nie
    Wir schlafen schlecht
    Mit Corona kam die Einsamkeit
    Nie wieder Nachtdienst

Tour dates – www.patiripatau.at

Gerald Ganglbauer

Deep Purple – Whoosh!

Ear Music
London 2020

Das Phänomen „Deep Purple“ lässt sich am besten mit der Relativitätstheorie erklären. Man nehme eine britische Rockband in den 70ern, und schicke sie – whoosh! – mit Lichtgeschwindigkeit auf eine Zeitreise durch den gekrümmten Raum des Rockuniversums, dann wird sie scheinbar um nichts gealtert bei ihrer Rückkehr genau so klingen wie zuvor, während ich ein alter Mann geworden bin. So oder so ähnlich hat Albert Einstein sich das ausgetüftelt um die Zeit zu relativieren.

Ich hatte das Privileg, diese Band als Teenager in Graz live zu erleben, und kann die Theorie nun im Vergleich bestätigen. Die Hardrocker um Sänger Ian Gillan, Roger Clover (Bass) und Ian Paice (Schlagzeug) klingen nach einem halben Jahrhundert ebenso frisch wie am ersten Tag, wenngleich sich auch nach dem zweiten Durchhören noch keine so unverkennbaren Riffs eingeprägt haben, wie das auf der Hammond-Orgel getastete Bam-bam-bam in „Child in Time“ oder das Gitarren-Riff zu „Smoke on the Water“, in dem wohl jeder über 50 sofort und ohne Zweifel Deep Purple erkennt. Schade, dass Bandgründungsmitglied Jon Lord 2002 verstorben ist. Für ihn ist Don Airey zur Band gekommen.

Ich weiß nicht, ob die heutige Jugend mit Hardrock so vertraut ist wie unsere Generation, denn „Made in Japan“ (1972) fand sich in der Plattensammlung jedes Babyboomers, und ich habe sogar noch die LP „Shades of Deep Purple“ (1968). Nun liegt mit „Whoosh!“ das 21. Album vor, gepaart mit einer violetten DVD mit einem Interview und einem Live Konzertmitschnitt vom Hellfest 2017, und setzt damit ein kräftiges Lebenszeichen dieser Musikrichtung(en). Ich bin überzeugt davon, dass Rock (Hard Rock, Heavy Metal, Rock, Progressive Rock, Bluesrock, Funk Rock) Schulter an Schulter mit Jazz und Classics – fester Bestandteil der Musiklandschaft dieses Planeten bleiben wird. Deep Purple sei gedankt.

Official website – www.deep-purple.com

Gerald Ganglbauer

Sleaford Mods – Spare Ribs

Rough Trade
London 2021

Punk war nie mein Ding und Rasierklingen verwendete ich nur zur Nassrasur oder zum Ablösen von Aufklebern, aber das ist lange her und wenn mir Jürgen Rottensteiner eine britische Punk-Band empfiehlt, höre ich sie mir gerne an. Eigentlich machen die einen Mix aus Post-Punk, der längst erwachsen geworden ist, Minimal Electro und Hip-Hop in breitestem Slang. „Mods“, zu Travoltas Zeiten eine Vespa-Roller Gang, hattten die Briten schon länger als „Grease“.

Ich war wohl lange weg, denn die Sleaford Mods, ein Duo bestehend aus Jason Williamson und Andrew Robert Lindsay Fearn, gibt es schon seit 14 Jahren und „Spare Ribs“ ist bereits ihr elftes Album.

Das Seuchenjahr 2020 bot genügend Material, „Corona, Brexit, Johnson, Trump und jede Menge andere Scheiße, die in der Welt vor sich geht,“ um sich daraus 13 leckere Rippchen zuzubereiten. Und egal in welche Schublade man das Album stecken will, das Anhören lohnt, die Beats treiben und ihr fuckin‘ Cockney macht dich smile.

Das Duo aus Nottingham (Pressefoto)

Bertram – Chamäleon

Voller Sound
Wien 2020

Nicht zu verwechseln ist Bertrams zweites Album mit der leider mittlerweile eingestellten Grazer Band „Saint Chameleon“ und auch nicht mit Gerald Hartwigs 2013 bei Luftschacht erschienener Graphic Novel gleichen Titels. Aber ist es nicht die ursächlichste Eigenschaft dieser tropischen Echse, sich immer wieder ihrer Umgebung anzupassen, die Farbe zu ändern, um sich mit geschickter Zunge die Leckereien zu holen? Tut das auch Bertram, ein Steirer in Wien, wenn er im zehnten Track behauptet, „Ich bin (ein) Berliner?“

Schon Hildegard von Bingen wusste, dass Bertram (eine mysteriöse Heilpflanze) nichts unverdaut lässt.

Ich muss vorausschicken, dass mir sein Debüt Album entgangen ist, aber im ersten Titel des Chamäleon Albums lernen wir bereits, dass ihm die Camouflage eines angesprochenen „Du“ sehr am Herzen liegt, da nichts besser wird (werden kann?). Gut, dass es nur ein Mythos sein soll, aber wenn das nun kryptisch klingt, so zeigen die Lyrics im schick illustrierten Booklet, die allesamt aus seiner (Bertrams) Feder stammen, wie seltsam schön kryptische Texte anmuten können. Und das ist gut so, denn dadurch wird der Freiraum größer, in dem sich jede Hörerin und jeder Hörer einen eigenen Reim darauf machen kann. Ein Phänomen, das wir von „Stairway To Heaven“ kennen.

Bertram © Katze Gilette

Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Joe Grindl (der im The YES Studio die Aufnahmen gemischt und mit Bertram alle weiteren Instrumente einspielt hat) produziert das Duo freundlichen Indie Rock, der sich auch an die Grenze zu Pop heranwagt.

Herausragende Tracks sind „Betäubt“ (Yeah, yeah!) und „Sonnenstich“, weil sie andere Töne/Rhythmen/Stimmen anschlagen, aber das tun Bertrams Lieder ohnedies mehr oder weniger alle. Einzig nervig sind die Mantras auf „Amygdala“ und „Hysteria“. Ich mag keine schier endlosen Wiederholungen. Bertram ist dennoch eine interessante Entdeckung und erinnert ein wenig an – Gotye – Somebody That I Used To Know – aus Australien. Du meine Güte, das ist ja schon zehn Jahre her. 2011 lebte ich noch Down Under, wo die Musikszene eine ganz andere war.

Andreas Voller von Voller Sound verdient auch noch eine Erwähnung für ein sehr sorgfältig produziertes Album und kluge Release-Daten: am 04.09.20 erschien die Single „Camouflage“, am 06.11.20 wurde das Album „Chamäleon“ präsentiert und mit einer weiteren Single-Auskoppelung „Hysteria“ am 05.03.21 wieder in Erinnerung gerufen. Lockdown kreativ gut genützt, könnte man sagen.

Offiizielle Website bertram-music.com

Gerald Ganglbauer

Kayomi – Kayomi

Kerberos Records
Wien, 18.6.2021

Ein Debütalbum zu besprechen, ist immer ein gewagter Versuch. Noch größer ist das Risiko, wenn man die Band nicht kennt, keines ihrer Konzerte gehört hat – was in Zeiten der Corona Pandemie gar nicht verwundert – und daher ausschließlich auf die Musik auf einem Tonträger angewiesen ist.

Die Verpackung der CD liefert weitere Anhaltspunkte. Das auf wenige Farben auf schwarzem Hintergrund reduzierte abstrakte Cover trägt nur das geheimnisvolle Wort KAYOMI in Stencelschrift genau in der Mitte, wie auf einer Kiste. Ein auf teuflischem Rot gedrucktesTextheft mit ausnahmslos englischen Lyrics liegt bei. Ist das eine Band aus Wien oder sind das Südseepiraten? Sehen wir sie uns einmal an.

Foto: Bettina Pscheidl

Im FM4 Soundpark definieren sich die fünf Musiker als „Vienna’s own indie rock combo – rooted in the vast legacy of rock“, und weiter, dass sie nicht einfach nur Musik machen, sondern Klangräume schaffen, die das Publikum einbinden. Und dazu fehlt den Bandmitgliedern weder die Ausbildung (Vienna Music Institiut, Musikschule Ottakring) noch das zusätzliche berufliche Engagement, sei es als Musiklehrer, im Kammerorchester oder in der Bigband.

Alexander Kuroll (Sänger, Gitarrist, Texter und ehemaliger Sängerknabe), Alexander Distl (Schlagzeug), Christian Woltron (Flötist und Sänger), Georg Pinter (Bass) und Juliane Weselka (Saxophonistin und Sängerin) machen seit 2019 soliden Rock, fetzige Tanzmusik, die auch inhaltlich Bedeutung hat. Die zwölf Songs auf dem Album sind „eine Fahrt im Mondlicht für die scheinbar ausweglosen Momente auf nächtlichen Straßen“. Im Song „Heal Me“ wird das Quintett quasi zu einer Selbsthilfegruppe für Mental Illness.

Auch die Gottesanbeterin „Yomi“, die sich Juliane als Haustier hält, findet sich im Song „Praying Mantis“, „I’m inside you, sucking up what you offer…“ Autsch.

Offizielle Band Website kayomimusic.com

Gerald Ganglbauer

Flo Gruber – Den Rest konnst da denkn …

Shelter Town Music, 2020

Wäre Peter Rosegger ein Zeitgenosse Flo Grubers, sie hätten beide in einer Garage Band gespielt und wären im ganzen Dorf bekannt gewesen. Aber der blutjunge Obersteirer hat sicherlich von ihm gelernt, und genießt frühen Ruhm mit seinen 2400 Likes auf Facebook. Seine Heimat ist Obdach, eine kleine Gemeinde im Murtal. Dort ist er verwurzelt, dort hat er sich vom „Rotzbua“ (der er immer noch gern wäre) zum Schlagersänger entwickelt. Man hört dort wahrscheinlich zu viel OE3 oder Antenne Steiermark, um etwas anderes als Pop Musik (oder Volksmusik) zu machen.

Ich könnte Flos Opa sein, weshalb ich mit Pop so meine Schwierigkeiten habe. Nebenwirkungen reichen von leichtem Schwindel bis zum Brechreiz. Dabei ist es lustig anzumerken, wie sich alles von Generation zu Generation um 180 Grad verdreht hat. In meiner Jugend hörten die Altvorderen Elvis Presley und Peter Alexander, und das junge OE3 war Teil der „love, peace, freedom“ Revolution. Heute ist es für meinen Geschmack ungenießbar geworden, wir Alten haben uns musikalisch am Jugendsender FM4 neu orientiert und hören Jazz auf OE1. Soweit ein kleiner Exkurs, der entschuldigen soll, dass ich von Pop keine Ahnung habe.

Alles was ich zur Musik sagen kann, dass er ein bisschen an einen jungen Fendrich erinnert, würde der nicht Wienerisch, sondern Steirisch singen. Manch eines seiner Lieder ist ein Ohrwurm, aber ob das nun Lob oder Tadel ist, sei dahingestellt. Solide gespielt von seiner Band und selbstsicher über die Bühne gebracht, was ich nur aus Videoclips ableite, da wir uns nie begegnet sind. Er scheint aber ein sympathischer junger Mann zu sein, schon allein deshalb, weil er am liebsten immer „nockat“ ist, wie auch der Verfasser dieser ungewollten kleinen Besprechung.

Eine Bemerkung sei mir noch gestattet zur „Verpackung“. Die CD kommt zwar in einem schicken sechsseitigen Digipak, aber – wie kindisch ist das – sie hüpft auf einem Popup heraus, auf dem sie nie wieder ordentlich sitzt und die schwarze kleine Schrift auf dunklem Grund ist fast nicht zu lesen. Aber was solls, die Jugend kauft eh keine Tonträger mehr. Da ist Stream oder Download angesagt. Tja, die Zeiten ändern sich immer rascher.

EMINEM – Music To Be Murdered By

VÖ: 18.12.2020
Format: Download Audio Album
Label: UMI/ Universal

„Music To Be Murdered By: Side B (Deluxe)“, so der volle Wortlaut des Titels, ist die Fortsetzung des im Januar erschienenen ersten Teils von EMINEMs „Musik, bei der man ermordet werden könnte“, ein typisches Album des aufmüpfigen Rappers, das stilisisch zwar nichts Neues bringt, sich aber hochaktuell – und mit der üblichen EXPLICIT CONTENT Warnung – mit dem Corona Virus auseinandersetzt.

Vor knapp 20 Jahren wollte die damals konservative australische Regierung dem 28-Jährigen die Einreise zu zwei Konzerten verweigern. Die Texte des zweifachen Grammy-Gewinners „ekeln Frauen an und erniedrigen sie“, meinte Regierungschef John Howard. Auch ich konnte seine Lyrics damals nicht leiden, muss aber gestehen, mich mit „Lose Yourself“ aus dem Film „8 Mile“ (mit 38 Millionen Aufrufen auf YouTube in „Joker“) streckenweise angefreundet zu haben. Kraftausdrücke wie „Motherfucker“ u.ä. gehören heutzutage einfach zur Jugendsprache.

EMINEM | © Emily Staats

Heute ist EMINEM 48 und schlüpft auf dem Album in die Rolle seines Alter Egos Slim Shady im Horrorcore-Stil, den er bereits in Werken wie „The Slim Shady LP“ oder „Relapse“ repräsentierte. Über Morde und Gewalttaten rappend, kritisiert Eminem aktuelle gesellschaftliche Themen wie Waffengewalt, Amokläufe, Drogenmissbrauch, aber auch psychische Probleme. 

Trivia: Mit seiner Single „Godzilla“ feat. Juice WRLD brach EMINEM außerdem einen Rekord. In 30 Sekunden rappte er 229 Wörter bzw. 339 Silben (= 11,3 Silben pro Sekunde) und überholte damit den „supersonic speed“ seines Tracks „Rap God“ (9,7 Silben pro Sekunde). Das ist viel zu schnell, um dem Text zu folgen.

Ach ja, einen verständlichen Song habe ich auch entdeckt: She loves me/ She loves me not/ for whom I am/ for what I got. Alles gut.

Gerald Ganglbauer

Les Machines Molles – The Fox and Other Stories

Pumpkin Records
Wies 2020

Ist mein geschätzter Kollege Wolfgang Pollanz während des Corona Lockdowns auf den Hund gekommen? Sicher nicht im sprichwörtlichen Sinn, vielmehr hat er die „Sprache der Tiere“ erlernt und die Viechereien der Menschheit gleich auf LP/CD/Digital Tonträgern in 13 Häppchen serviert.

Die Idee ist entzückend und es war richtig, dafür die molligen Maschinen von anno 2010 instrumental zu reanimieren. Und so erzählen die Tiere ihre Geschichten, so authentisch, dass sogar der Hund meiner Nichte (als tierischer Testhörer) seine Ohren bei den „bekifften Fröschen“ gespitzt und die Lautsprecher angestarrt hat. Seltsamerweise hat er bei seinen losgelassenen Artgenossen mit keiner Wimper gezuckt. Wir haben offenbar über artikulierten Gesang hinaus denselben Geschmack.

Das von Wolfgang Pollanz komponierte, arrangierte und produzierte „Album der Tiere“ legt einen farbenfrohen Klangteppich über einen akustischen Bauernhof, seine Stallungen, Weiden und Wälder. Wo sich der freundliche Fuchs vom Cover nicht um den Hühnerstall schert, der sogar bis ans Meer reicht, wo Wale ihre Zwiegespräche führen. Ich liebe die „Katzenjammer Kids“. Nur das für alle Lebewesen gutmeinende „What A Wonderful World“ ist ein bissl kitschig ausgefallen. Macht nix, hier findet jeder sein Krafttier.

Gerald Ganglbauer

Woodkid – S16

UMD/ Polydor 
VÖ: 16.10.2020

Ein äußerst interessantes Album hält meine Aufmerksamkeit nun schon den ganzen Morgen gefangen, nachdem ich es ein paar Wochen auf meinem Schreibtisch liegen hatte. Es war dem Umstand zu verdanken, dass weder Artist noch Titel am Cover stand, also musste ich hineinhören.

How could you be so blind? fragt eine Stimme, die mich gleich im ersten wuchtigen Track „Goliath“ an Antony and the Johnsons erinnert, einem Track, der schon durch seine verschachtelten Beats (Peter Gabriel kommt in den Sinn) auffällt. „S16“ (das chemische Symbol und die Ordnungszahl für Schwefel) hinterfragt den Begriff der Dimension, von unendlich groß bis unendlich klein, das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Mensch und Industrie und die Idee der kollektiven und individuellen Verantwortung, eine Welt an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. So zumindest steht es im Pressetext, auch wenn es mir nicht ganz treffend erscheint, obwohl die Traurigkeit in vielen Tracks genau diese Endzeit-Stimmung erzeugt. Der Kinderchor aus Tokyo unterstreicht das noch. Zum Gück werden wir in der Klavierballade „Horizons Into Battlegrounds“ gerettet: Can I hold on to you?

Aber schauen wir uns Woodkid genauer an. Mit bürgerlichem Namen Yoann Lemoine hat der am 16. März 1983 in Lyon geborene Musiker und Regisseur schon einen guten Ruf in Frankreich, wo man ihm für sein 2013 erschienenes Debüt Album „The Golden Age“ die Genres Chamber Pop und Art Pop umhängt. Der Kurier meint, es sei Sci-Fi. Selber hören, empfehle ich. Ein Besuch seiner Website woodkid.com lohnt ebenso. Der Mann ist tatsächlich der beste französische Export seit Noir Désir (man erinnere „Le Vent Nous Portera“).

Gerald Ganglbauer

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