LILI Records
Wien 2016
Es war einem jener glücklichen Einfälle zu verdanken, dass ich die Bekanntschaft mit The Ghost and the Machine machte. Letzten Donnerstag Abend – ich war mit meiner Gang Kegeln gewesen und machte danach einen längeren Zwischenstopp bei IKEA (geöffnet bis 21 Uhr) – wartete ich an einer Kreuzung, als ich spontan die Eingebung hatte, noch bei der Postgarage vorbeizuschauen. Ich zwängte meinen BMW aus der linken Spur, nahm die Abkürzung quer über den Grünstreifen und parkte wenige Minuten später vor dem Venue. Obwohl das Lokal dunkel und verlassen aussah, war ein Doppelkonzert im Gange. Beide Bands (die andere war Town of Saints aus Holland) waren mir nicht bekannt, aber ein gemütliches Sofa direkt vor der Bühne war frei, denn es waren überraschend wenig Zuhörer da, also ließ ich mich hineinfallen und hörte mich ein.
Drei Leute waren auf der Bühne, links ein Schlagzeuger, der als Ossi-Export vorgestellt wurde. Ich freute mich schon, wieder jemand aus Australien zu treffen, wurde aber vom Bass auf der rechten Seite sogleich korrigiert, Matthias Macht sei kein Aussie, sondern Deutscher aus Dresden. Die Dame, die mir geantwortet hatte, war Heidi Fial, eine Wienerin mit sehr schönen Augen. Zentrale Figur war Andi Lechner, ein junger Herr, der zwei uralte Resonatorgitarren bediente, was der Band den typisch blechernen Sound zwischen Blues und Jazz verlieh.
Doch nicht nur die National (eine Resonatorgitarre wie die Dobro) ist ein seltenes Instrument, auch Frauen am stehenden Kontrabass sind nicht oft zu sehen, weshalb ich ihr scherzhaft vorschlug, doch auf einen U-Bass (U steht für Ukulele) umzusteigen, damit hätte sie weniger zu schleppen, worauf sie meinte, dass der nie so gut klingen würde wie ihr Doublebass. Damit hatte sie recht. Ich habe zwar schon sehr guten U-Bass gehört, das Klangvolumen eines grossen Holzkörpers kann er jedoch nicht imitieren. Musikalisch sind durch diese Instrumentierung bereits viele Parameter vorgegeben, es ist also nicht verwunderlich, wenn ich wiederum an Memories of an Old Friend erinnert werde, das wunderschöne Album der Westaustralier Angus & Julia Stone.
Selbstdarstellungen | Fotos © Malin Walleser 2016
Ein von Heidi Fial akribisch gezeichnetes 16-seitiges Begleitheft zur CD liefert die Texte. Man muss den feinen Nuancen der allesamt im Kollektiv geschriebenen Lyrics genau zuhören, um den Schmerz, die Hoffnung aber auch die essentielle Lebensfreude aus den Zeilen zu destilieren, die Eingeschlossenheit, Krankheit, und Einsamkeit evoziiren, aber auch die Freiheit in der Kunst und jene der Künstler, ihr Leben zu gestalten, sei es in verwaschenen Fotografien oder in sich unendlich wiederholenden Ornamenten, die zwar wie Maschinensprache anmuten, durch die Abwesenheit von Farbe aber etwas geisterhaftes an sich haben, wie auch der Räucherbergmann aus dem Erzgebirge und der Nussknacker, die Repräsentanten des Debütalbums ohne Titel.