Tori Freestone Trio – El Mar de Nubes

Whirlwind Recordings
London 2019

I called her Lisa, for she reminded me so much of the quirky Lisa Simpson, the famous cartoon character with the saxophone, who, when she plays, gives a damn about anything else but her music.

Tori Freestone and I met at the Leibnitz Jazz Festival 2017, where she played the opening set in the gorgeous wine cellar with Dave Manington (bass) and Tim Gils (drums). The arrangements left me a little sad, that might be the tenor saxophone as such, or Tori’s mood, that was already shaping the forthcoming album, „El Mar de Nubes“ or Wolkenmeer (The Sea of Clouds).

Backstage I tried to cheer her up with that Lisa thing and I think I succeeded for a little while. She was hanging with me and Peter Purgar, another photographer, and the three of us stayed in touch over the years.

Tori Freestone in Leibnitz, photo by Peter or me, I’m not sure

London calling

Naturally, I recommend her album to anyone who loves Jazz as much as I do. However, you should listen yourself, and what is today’s virus-free way of doing it? Tune in to a live stream tomorrow night at the Vortex Jazz Club!

Facebook or YouTube 8 PM London time

Gerald Ganglbauer

Das Trojanische Pferd – Gunst

SCHALLTER/monkey
Wien 8.5.2020

„Wir sind nackter als je zuvor – gerade weil wir diesmal ständig die Kostüme wechseln und wir uns dabei zuschauen lassen.“, sagt Hubert Weinheimer, seit 2007 Texter, Sänger und Gitarrist der Band „Das Trojanische Pferd“. GUNST ist das vierte Album der eigenwilligen Wiener Formation, die bereits am Cover schräg auftritt.

Der 1983 in Oberösterreich geborene Hubert Weinheimer ist eigentlich Schriftsteller (Gui Gui oder Die Machbarkeit der Welt, 2014), was sich in spannenden Lyrics spiegelt. Kein Stein bleibt auf dem anderen, wenn er behauptet:

Ich bin das System – und ich werd untergehn
Wie die Sonne wunderschön ist, so bin ich unversöhnlich
Und du kannst mich sehen
Du kannst mich tanzen sehen
Ja ich bin das System

Ich bin überall – und ich bin in der Überzahl
In diesem Einkaufszentrum – bin ich den ganzen Tag auf Sendung
Und du kannst mich hören
Ich will dir ganz gehören
Will mich mit dir verschwören

Aha aha aha
So so so so…
Ja ja ja ja

Gesungen in einer Wiener Melange aus Raabe und Lindemann, mit einem Löfferl Morak. Mein Menüvorschlag dazu wäre Hirn mit Ei, wenn man nicht unter Verschwörungstheorie-Unverträglichkeit leidet. In den Liedern (die Band bezeichnet sie als „Chanson-Punk)“ sind ausreichend Igelhecken zum Verstecken und davon laufende Hasen, damit einen das Album gefangen hält. Aber man kann nicht alle Emotionen nur an einen Song nageln. Ich weiss nicht. Ich weiss nicht. Ich weiss nicht.

Beim folgenden Titel, „Ich weiss, wo du wohnst“, denke ich an Matt Berninger oder noch besser an Nick Cave & The Bad Seeds mit „We No Who U R“. Bei FM4 ist das „Pferd“ nun auch des öfteren on air und das gefällt mir, denn die Band steht auch in meiner GUNST.

„Ich weiß wo du wohnst“ – aber ich kann/soll gerade nicht zu dir.

Hubert Weinheimer: Gitarre, Gesang, Klavier & Regie, David Schweighart: Keys, Bass & Schlagzeug, Judith Filimonova: Bass, Keys & Voc, Rene Mühlberger: Keyboards, Gitarren & Schlagzeug, Hans Wagner: Cello, Bass, Klavier, Gitarre etc.

Videoframe aus dem Idiotensong, circa 2015 | © Das Trojanische Pferd

Das Trojanische Pferd – die Band Website

Gerald Ganglbauer

Maple and Rye – For Everything

Icons Creating Evil Art
22. Mai 2020

IKEA ist nicht Schwedens einziger Export, auch Ahornsyrup und Roggen (Maple and Rye) seien wärmstens zum Frühstück empfohlen. Und zwar in der Form von vier gutaussehenden Jungs aus Göteborg.

Mutig sind sie, ein Album mit einem Liebeslied („Monteray“) zu beginnen,  ohne dabei kitschig zu werden:

If you love me, surely you’re mad
If you leave me, the fault will be mine

Singen können sie, das haben sie bereits mit dem High School Musical in der Internationalen Schule in Genf bewiesen. Jetzt sind sie über 20 und wieder ein paar Jahre älter, seit sie Tanzmusik für die Teenager an der Schule machten.

Ich kenne ihre früheren Songs nicht, kann also nicht sagen, ob sie besser geworden sind oder reifer, aber die zehn Songs auf ihrem Debütalbum sind einfach verdammt gut und – wie der Titel besagt –  universal einsetzbar.

Maple and Rye sind Leo Lönnroth, Henrik Bielsten, Milton Lönnroth und Gustav Rybo-Molin | Foto: Emil Daniel

Hören wir rein in „Con of the Century“, eine Single-Auskopplung von Anfang des Jahres. Die Kurzfasung der Geschichte: Liebeskummer treibt den Verzweifelten in die Gosse, wo ihm nur der Suff bleibt. Soweit die grauschwarzen Lyrics. Selbsterfahrung eines Clichés ist man geneigt anzunehmen:

You clipped my wings so I can’t fly
I’m stuck right here on the bottom

Aber der Song gibt Hoffnung:

C’est la vie mon amour

Stilistisch ist das Album ein bunter Garten. Die „Nits“ aus Holland scheinen durch und ich glaube auch einen Tribut an den früh verstorbenen Avicii in „Eldorado“ zu erkennen. Das Label schubladisiert das Album als Indie-Rock. Das würde ich nicht so benennen, aber wen interessiert schon das Genre, wenn die Musik einfach gefällt?

Celeigh Cardinal – Stories From a Downtown Apartment

Self Published
Vö: 17. April 2020

2017 erschien ihr Debüt Album, das Celeigh Cardinal bei den Western Canadian Music Awards 2018 zum „Indigenous Artist of the Year“ machte. Wenn ich mir das zweite Album anhöre, das Geschichten aus der Stadtwohnung und so gar keine indigenen Klänge darbietet, so verstehe ich die Promotion nicht, die das Label „native American“ über sie drüber klebt, als ob sie am Lagerfeuer Koyaanisqatsi chanten würde. Nicht, dass mir das nicht gefiele 🙂

Aber zurück in die kanadische Stadt Edmonton, wo sie im Gibson-Wohnblock ihre schönen Lieder schreibt, von Männern, die sie nicht mehr kennen will und solchen, die sie liebt und deshalb gehen lässt. Geschichten einer Singer/Songwriterin, die nur in einem solchen Apartment entstanden sein konnten, mit solchen Nachbarn wie sie seinerzeit Suzanne Vega hatte, wobei es in Wahrheit keinen schert, ob indianisches oder meinetwegen irisches Blut durch die Adern fliesst. Kanada war immer schon ein guter multikultureller Boden für Musik, Brian Campeau, The Tea Party oder Crash Test Dummies kommen in den Sinn und es ist schön zu hören, dass es auch eine starke Roots Music Scene gibt, die Celeigh Cardinal ihren Platz gibt, ohne zu diskriminieren.

Auf einer kleinen Europa-Tournee wird sie übrigens am 20. und 21. Mai 2020 in Innsbruck bzw. Kitzbühel zu hören sein, so es der Virus bis dahin zulässt.

A Choir of Ghosts – An Ounce of Gold

Greywood Records
Berlin 2020

Erwartungshaltungen entstehen ganz automatisch, wenn gewisse Worte oder Bilder in einen Zusammenhang gebracht werden. So auch bei diesem Debut Album Release (VÖ: 3.4.2020) das mir Greywood Records schon vorangekündigt hatte und auf das ich aus drei Gründen gespannt war.

  1. Der Name der Band. Unter einem Geisterchor stellte ich mir heulende Stimmen und spirituelles Geschepper vor.
  2. Das Genre. Rock war die Musik meiner Jugend. Ich kenne und liebe Rock und lasse mir da nichts vormachen.
  3. Das Image des Bandleaders. Ein Hard Rocker der Hell’s Angels auf einer Harley.
James Auger aka A Choir of Ghosts

Als die Scheibe im Slot verschwand und das Intro angespielt wurde, blieb noch alles offen. Beim zweiten Track, „Sinner in a Rapture“, könnte es sich um eine schöne Ballade handeln, die, tatsächlich unterstützt von Chorgesang und sattem Schlagzeug, vom Ende der Welt wie wir sie kennen erzählt.

Aber ab dem dritten Track wurden meine Erwartungshaltungen völlig zerstört. Das war nicht das Genre, das drauf stand, das hatte nichts mit Rock zu tun, das war nicht einmal Folk-Rock, das war nostalgischer Folk!

Abdrehen, beruhigen, ich hätte nichts versprechen sollen, am besten gar nichts schreiben, falsche Baustelle, Schwamm drüber und fertig…

Tags darauf wollte ich es mir dann doch nicht so leicht machen und aufgeben. Ein guter Kritiker kann und darf alles besprechen. Ich legte die Scheibe also wieder ein und hörte sie nun als Folk-Platte – und siehe da – mit dem richtigen Genre war sie nicht einmal so übel. Der Bärtige entpuppte sich ab „Outside the Window“ als ganz sensibler Folksinger/Songwriter mit seiner akustischen Gitarre, ein Kuschelbär, der traurige Lieder von Liebeskummer schreibt und die Einsamkeit in der Wildnis im hohen Norden Schwedens besingt. Der Titelsong hat sogar fröhlichen Schwung und lädt zum Mitsingen ein.

Eine Stimme unter vielen, die durch die Live Musikszene von Pubs, Bars und Cafés tingeln und dazwischen mit Straßenmusik die CD verkaufen. Eine gute Stimme zwar, die sich allerdings mit einer tatsächlichen Rockband noch viel besser entfalten könnte.

The Base – Tribal Instincts

Konkord 113
Graz 2019

Das neue Album von The Base ist erschienen. Ich habs mir natürlich kritisch angehört, bin aber etwas befangen darüber zu schreiben. Ich habe nämlich zwei der Titel mit dem Trio schon Anfang des Jahres für meine Parkinsong Duets im Black Box Sound Studio eingespielt und nahm an, dass die Aufnahmen auch auf „Tribal Instincts“ kommen würden. Norbert Wally hat die beiden Duette dann doch neu arrangiert und allein gesungen und ich meine, nicht besser als zuvor. Aber das ist nur meine bescheidene Meinung, hört selbst.

Die zwei Versionen im Vergleich

https://open.spotify.com/playlist/3wcRPQHIzBOm7rbfKzd6B2

Abgesehen davon liegt das neue Album im Trend und passgenau im Œuvre der Band. Getragen von minimalistischen Stücken, in denen Wally seine Stimme ausreizen kann, zwischendurch aufgewirbelt durch „Drescher“ mit schier endlosen Wiederholungen eines Mantras, deren großer Freund ich nie sein werde (obwohl sie gut tanzbar sind) ist es ein typisches The-Base-Produkt, das auch das eine oder andere déjà-vu vor Aug und Ohr ruft. Aber das macht nix. Die Fans werden es lieben und kaufen. Davon bin ich überzeugt.

Eine Band namens „Tribal Dialects“ gibt oder gab es übrigens bereits in Graz (rund um den großartigen Patrick Dunst), mit Stammestrieben oder Bauernschlauheit kann ich das neue Album trotz barfüssigen unrasierten Männern am schwarz-weissen Cover irgendwie nicht in Verbindung bringen.

Tribal Instincts Release Tour 2020

Die Band wird Anfang nächsten Jahres quer durch die Lande auf Album Release Tour gehen, auf der ich dem Trio den großen Erfolg wünsche, den sie bereits seit Jahren verdient hätten. Von Graz aus die Welt zu erobern, ist und bleibt eben ein schwieriges Unternehmen.

Offizielle Band Website – www.the-base.at

Michael Lane – Traveling Son

Greywood Records
Berlin 2019

Dieses Album liegt bereits einige Wochen (Vö: 25.10.2019) auf meinem Stapel zu besprechender Neuerscheinungen. Ich hatte einfach nicht die Zeit dafür gefunden. Da ich meinem Berliner Kollegen aber versprochen hatte, mir die Lieder genauer anzuhören, musste es eben auf einen passenden Zeitpunkt warten.

Der schien jetzt gegeben. Die zwei Bücher, an denen ich zuletzt Tag und Nacht gearbeitet hatte, waren gerade in der Druckerei.

Um es gleich zu sagen, die Musik Michael Lanes hat mich nicht vom Hocker gerissen, aber es ist ein nettes, gut hörbares Konzeptalbum über die 7.000 Meilen Reise eines kleinen Jungen mit seiner Mutter. Wenn einer eine Reise tut, hat er was zu erzählen, heißt es. Und so ist es auch mit dem „Traveling Son“ (ich will da ständig ein zweites „L“ reintun, aber die Amerikaner schreiben „Travelling“ nun einmal mit nur einem), einer Reise, die er selbst (geboren 1986 in Nürnberg) mit sechs Jahren zurück in die USA gemacht hat.

Mit 20 in die US-Army. Der deutsch-amerikanische Soldat mit der zarten Stimme hat einiges hinter sich. Der Krieg im Irak und später in Afghanistan hat wohl tiefe Spuren hinterlassen, die er mit seiner Liebe zur Musik zu glätten versucht. Deswegen hatte ihn Xavier Naidoo damals (The Voice of Germany, 2012) unter die Fittiche genommen. Es wurde Michael Lane klar, dass er mit diesen Liedern dem erlebten Wahnsinn kriegerischer Auseinandersetzungen begegnen müsse.

Daraus entstand ein feel good and do good Album für Romantiker. Mit Songs wie „Love Will Save The World“ verkörpert er für Realisten allerdings Don Quijote im Kampf gegen Windmühlen.

Viech – Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren

Abgesang / Hoanzl
Wien 2019

„Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren. Da kommt die nächste Welle, ich stell mich ihr entgegen. Aber dem Meer bin ich egal.“ So etwa heißt es am Ende des Titelsongs, dessen Thematik als letzter Track noch einmal anders aufgegriffen wird. Der Titel ist skalierbar, von privaten Erinnerungen, die verblassen bis zum planetaren Gedächtnis, das auch die Menschheit vergessen wird. Darin liegt die Stärke Viechs, in intelligenten Texten, die den Zuhörer herausfordern.

Die „Frequently Asked Questions“ im Track 1 spannen gleich den Rahmen des Albums. Triviales (Was will die SVA von mir?), Tiefes (Wer von uns stirbt wohl zuerst?) und zuletzt die Frage: Was soll ich tun nach diesem Lied? Das zumindest muss jeder Hörer ganz für sich selbst beantworten. Was mich betrifft kenne und schätze ich die Band schon seit ihren ersten Gigs in Graz, also lange genug, um mich gerne mit ihrer Musik auseinanderzusetzen.

Viech ist Christoph Lederhilger (Schlagzeug), Martina Stranger (Bass) und Paul Plut (Gesang, Gitarre), letzterer geht auch den Weg des knorrigen Solisten, der den „Teifl gsehn hat“, aber davon ist nichts in Viech, dort ist die Musik lieblich, durchzogen vom Klang heller Saiten und der Liebe. In der Tat gelangen dem Exil-Steirer unpeinliche romantische Liebeslieder, wie „Ich lieb dich (tu nur so)“. Das kommt wohl mit der Vaterschaft und dem 30er.

Insgesamt ein harmonisches „Feel Good“ Album.

TÖRZS – Tükör

A Thousand Arms (USA)
Budapest 2019

TÖRZS (Hungary) new album Tükör (2019)

Schön, etwas aus unserem Nachbarland zu hören. In ihrem dritten Album Tükör (Deutsch: Spiegel) verzichten die drei Ungarn gänzlich auf Gesang und spielen alle sechs Nummern instrumental ein. Ich schätze, dass es eine gute Entscheidung war, denn die Wahrscheinlichkeit etwas von den Lyrics zu verstehen, dürfte außerhalb Ungarns relativ gering sein. Nun blickt das Trio auf seine Schuhe (das ist, was das Genre „Shoegazing“ beschreibt: die Musiker verändern den Sound mit den am Boden liegenden Fußtasten ) und schwebt melodisch in atmosphärischem instrumentalen Post-Rock (und schon wieder eine Schublade).

Gut zum Chillen.

Website torzstorzs.com

Nick Cave and The Bad Seeds – Ghosteen

Bad Seed Ltd via Kobalt Label Services
Malibu, Los Angeles, Brighton, Berlin 2019

Das neue Nick Cave Doppelalbum geistert digital schon durchs Internet. CD und Vinyl ab 8. November weltweit.

The album was recorded in 2018 and early 2019 at Woodshed in Malibu, Nightbird in Los Angeles, Retreat in Brighton and Candybomber in Berlin. It was mixed by Nick Cave, Warren Ellis, Lance Powell and Andrew Dominik at Conway in Los Angeles.

Nick Cave – vocals, piano, synthesizer, backing vocal
Warren Ellis – synthesizer, loops, flute, violin, piano, backing vocals
Thomas Wydler – drums
Martyn Casey – bass
Jim Sclavunos – vibraphone, percussion
George Vjestica – guitar

Website Nick Cave Music

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