Die CD kam mit der Post und einem persönlichem Begleitschreiben „mit swingenden Grüßen“ wobei ich überzeugt bin, dass Berndt Luef kein Swinger ist. Zumindest nicht im Sinne von Menschen mit einem bestimmten promiskuitiven Sexualverhalten, sondern nur mit seinem Vibraphon und den acht Mannen seines Jazztett Forum Graz, das heuer bereits auf 25 swingende Jahre zurückblickt.
Diese Ausdauer würdigt der beharrliche Musiker mit einem Album, das auf sechs Seiten die zumeist vom Haus- und Hof-Jazz-Fotografen Peter Purgar fotografierten Herren abbildet und zweisprachig die Entstehung der Kompositionen erläutert. Das ist bei Luef wichtig, da man ohne Lyrics die Absichten und den Hintergrund der Kompositionen nicht mit Erinnerungen an seine Studienzeit oder Wanderungen entlang der Feistritztalbahn zu verknüpfen vermag.
Das Album wird am 3. Mai in der Blue Garage (Frauental) und am 12. Mai im Grazer Forum Stadtpark präsentiert.
Paul Berghold, der Drummer der Band, begrüßt mich backstage im p.p.c. wie einen alten Bekannten. Der Grazer ist nicht nur für das Schlagzeug zuständig, sondern auch für das Meet ’n‘ Greet aller Gäste der Album Release Show. Ganz im Stil einer Airline folgt die junge Band den Vorgaben ihres Konzeptalbums „Brian Air“, dem Nachfolger des Debüts vor zwei Jahren. Ich muss zugeben, dass ich High Brian bis dato nicht geortet hatte, freue mich aber, dass sich das nun wie im Flug geändert hat.
Paul hatte die Bandmitglieder – Benedikt Brands, Gitarrist, Sänger und Komponist aus Hamburg, Nils Meyer-Kahlen, Lead Gitarrist mit Heimatstadt Stockholm und Patrick Windischbauer, Bassist aus Linz, jeder von ihnen ist Brian – während des Toningenieur-Studiums an der TU-Graz kennen gelernt. Sie spielten einige Jahre in einem Proberaum im Keller der Papierfabrik (wo mir auch schon Saint Chameleon, Downlovers und VIECH über den Weg gelaufen sind) dann machten die Vier, die sich den Beatles und Beethoven (Ludwig van, nicht Badhoven) verwandt fühlen, “Hi Brain” (2017) und klingen darauf wie Wolfmother, meine Landsleute aus Down Under. Ich habe dieses Album nicht gehört um den Vergleich bestätigen zu können.
Doch zurück zum Abflughafen: “Brian Air – not the safer, but the higher way to fly”, behauptet die Plattenfirma und ich will dem Zitat gerne glauben, in Bezug auf die jüngsten Flugzeugabstürze. Musikalisch etwas mehr “psychedelic Rock” (im Sinne des Sergeant-Pepper-Albums) wird auch behauptet, läßt sich aber schwer nachprüfen, da der Gesang im Live-Konzert kaum zu verstehen ist und den Tonträgern LP und CD in limitierter Auflage kein Booklet mit den Texten beiliegt.
Ich muss mir nach dem Live-Erleben erst noch die Studioversion ein paarmal anhören. Mich haben sie zeitweise an Wishbone Ash erinnert, aber das ist lange, sehr lange her. Nett fand ich zwischen den acht Songs die gelegentlichen Ansagen des Flugkapitäns und erwähnenswert auch das Set mit den Konturen eines Jets aus programmierten Lichtbändern.
Aber das Geilste wäre ein Rooftop Konzert. Nicht nur eines wie es viele Bands von den Beatles bis zu The Base schon gespielt haben, sondern als Brian Air Crew vor der Boeing 727 am Dach des Novapark Hotels.
Die Band legt übrigens Wert auf den Umstand, dass sie mit diesem Album kommerzielle Luftfahrt nicht unterstützt. Folglich müssten sie für eine USA Tournee in zwei Jahren auf der “HMS Brian” über den Atlantik. Schiff ahoi!
Die Welt Matthias Forenbachers ist dunkel, das Album schwarz/weiß, aber damit täuscht der hochgewachsene Kerl mit der atemlosen Stimme, die im Norden Amerikas mit den Bisons zuhause ist und an Bruce Springsteen erinnert. In seinen Lyrics ist viel Farbe. Italien, farbige Eiscreme, nackt badende Männer, zusehende Mädchen, Diplomaten … Er ist ein Storyteller der alten Schule.
Bei seiner CD Präsentation in der Kunsthalle Graz wurde er spontan von Freunden unterstützt: Stefan Kollmann am Akkordeon und Jacques Bush mit Gitarre, Percussion und seiner einzigartigen Stimme, sowie dem genialen Wortschmied Johannes Silberschneider. Das Publikum verzieh diplomatisch so manch verzerrten oder falschen Ton, denn life is live oder eben auch anders herum. Die zwölf Tunes auf dem Album sind ohnedies sehr ordentlich von Forenbacher und seinem Ausssenministerium produziert. (Un)diplomatisch gesagt: ein gut hörbares Album. Immerhin hat er uns seit „Life Vest“ (2009) beinahe zehn Jahre darauf warten lassen.
Hier noch ein paar Bilder von der CD Release am 30.11.2018 in der Kunsthalle Graz.
In 10 Kompositionen bzw. genau 60 Minuten nimmt das ungewöhnliche Trio Achim Kirchmair (Gitarre), Ali Angerer (Tuba) und Andjelko Stupar (Drums) die Zuhörer mit auf die Reise nach Indien, weit ins nördliche Jammu and Kashmir, nach Ladakh.
Ich mag Konzeptalben, die eine Geschichte erzählen, oder zusammenhängende Stücke, wie die jener Indienreise. Dabei wäre etwas ganz anderes daraus entstanden, hätte der Bandleader nicht seine Bergschuhe daheim vergessen.
In Indien gehen die Uhren anders, Zeit spielt keine Rolle, erst kommt das Leben, und das spiegelt sich in seinen ruhigen Kompositionen, obwohl er auch die Sau raus lassen kann, was seine in der ersten Reihe des Konzerts im WIST sitzenden Kinder überzeugt haben muss, dass ihr Papa ein Rockstar ist.
Kudos an Berndt Luef, der mit der bereits zwölften “Herbstzeitlose”, seinem jährlichen Musikfestival im WIST, immer wieder guten Jazz nach Graz bringt.
Die CD Release Show im Orpheum Extra war ein Erfolg. Das Trio I Love Milk wärmte auf, und nach der Umbaupause eröffneten Miriam Bichler und Fabio Schurischuster den Mainact hinter dem Publikum, bis Bernhard Wimmer mit wuchtigem Drumsolo die Aufmerksamkeit nach vorne lenkte. Gemeinsam mit Albrecht Klinger und Burghart Frauenlob rockte die Band gute zwei Stunden, holte sich zwei Gäste auf die Bühne und gab noch zwei Draufgaben. Barbara Belic postete um 23:47 auf Facebook: “Man sah nachher im Publikum nur glückliche Gesichter”. Soweit zum Konzert.
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Nun zur CD, die Knallgelb-Orange vor mir am Schreibtisch liegt und auf der ich fast nichts entziffern kann außer fünf Unterschriften in schwarzem Marker. Die Bandmitglieder haben nach dem Konzert jede CD beflissentlich signiert. Das war auch eine Gelegenheit, ein paar freundliche Worte mit der 24-jährigen Salzburgerin zu wechseln. Danach ging man glücklich nach Hause. Doch halt! Das war – gemäß dem Genre, das sich die Band zuordnet – ein Popkonzert. Da summt, pfeift oder singt doch jeder einen Hit am Heimweg. Von diesem Abend blieb keine Note im Kopf und ich glaube zu wissen, warum. The Tiptoes machen keine Popsongs, die machen Lieder zum Zuhören!
Eben habe ich meine Besprechung der Debüt-EP vom Mai 2015 wieder gelesen und wollte sie inhaltlich fast wiederholen, bis ich zur Erkenntnis gelangt bin, dass sich die Band im falschen Licht präsentiert. Das poppige Artwork sollte dem eines Singer-Songwriter weichen. Hier zählen (hör- und lesbare) Worte, nicht (sing- oder pfeifbare) Melodien. Liesse man sich etwa in einem Restaurant instrumental berieseln, würde man die Musik der Tiptoes als angenehm aber nicht einprägsam einstufen. Obwohl ich aufhorchte als sich „She Says“ anfangs wie „Riders on the Storm“ von den Doors anhörte. Apropos Doors: Die Altvorderen hatten es wesentlich leichter, sich musikalisch einzuordnen. Damals gabs nur Rockmusik oder Radio Steiermark.
Anyway. Es hat mich gefreut, „Hide and Seek“ auch auf dem neuen Album wieder zu finden, das ist ein genialer Song, dessen Lyrics mir im Gedächtnis geblieben sind. Aber auch die anderen neuen Lieder leben von den Texten, in denen es meist um zerbrochene Beziehungen geht. Na ja, warum sollte es nicht wie im richtigen Leben sein.
Im Titelsong heisst es etwa ... distance makes you run even further/ and I’m running after you/ distance makes you look for someone better/ though I’m the best for you/ OK. An Selbstbewußtsein mangelt es den jungen Textern jedenfalls nicht. Aber ob sie als Band durchstarten werden?
VIECH ist eine heimische Band, deren Entwicklung ich seit 2011 interessiert verfolge. Mit ihrem aktuellen dritten Album sind die Grazer Spuren des Band Co-Gründers Andreas Klinger, der nach Leipzig gezogen ist, völlig verweht und Paul Plut bringt seine Stimme konsequent ein und klingt so heiser, dass man sich Sorgen um seine Stimmbänder macht. Der Titelsong ist radiotauglich wie seinerzeit der „Steuermann“ und kommt ohne Brüllen aus, auch wenn sich der unverwechselbare Paul bald wie Tom Waits anhört.
Die Lyrics sind anspruchsvoll wie immer, „Ich wär so gern eine Straßenbahn, dann wärs OK im Kreis zu fahren“ und kommen aus der kollektiven Feder der Band. VIECH ist eine meiner Lieblingsbands, denn ihre klugen Texte rocken sich in dem Herzschlag genehmen Beats durch die Tunes. „Im Sand“ ist beispielsweise so eine geniale Nummer, aber macht euch selbst ein (Hör-)Bild der Band, der auch Martina Stranger ihre Stimme leiht, seit sie in Wien sind. Ich freu mich jedesmal, wenn ich VIECH im Radio höre und hoffentlich auch wieder einmal LIVE treffe.
Paul Plut und Christoph Lederhilger bin ich zu Dank verpflichtet, dass ich ihre Musik in meinen Buchtrailern verwenden darf. „Ich hab viele Fehler gemacht“ (Heute Nacht nach Budapest) stellt beispielsweise die Neuauflage des Gangan Lit-Mag vor und hat schon einige meiner Leser zu VIECH-Fans gemacht.
Mit Big Band Sound hatte ich lange Zeit den Bert Kaempfert (1923–1980) meiner Eltern oder den Urvater Glenn Miller (1904–1940) im Ohr. Wer kennt nicht „In the Mood“ und ähnliche Tunes aus der Swing-Ära. Aber es gibt in Graz auch den Sigi Feigl, man erkennt ihn an seinem Kapperl, und der dirigiert mit seiner neuen Big Band zeitgenössische Arrangements. Wenn man das Jazz Orchester Steiermark nun mit der Miklin-Familie aus Kärnten mixt, kommt dabei eine äußerst ansprechende CD heraus.
Die nennt sich „Next Page“ (wie schon die Schallplatte aus dem Jahr 1991) und der Titel ist auch gleich programmatisch für das Album, denn die Arrangements des Argentiniers Michael Abene sind tatsächlich auf einer neuen Seite, so modern sind sie, so kraftvoll, wie es eben nur eine Bläsergruppe sein kann, mit dem vollen Klang eines 20-köpfigen Orchesters dahinter. In diesem Orchester spielen nur die Besten, Soli von Patrick Dunst (Saxophon), Mario Stuhlhofer (Trompete) und Reinhard Summerer (Posaune) allein sind schon genial. Nimmt man dann Kompositionen von Karlheinz Miklin (Sen.), über den nach vierzig Jahren des Bestehens seines Trios nichts mehr gesagt werden muss, bleibt ihnen weitgehend treu und lässt den Meister auch noch selbst spielen, ist der Hörgenuss garantiert. Für den Rhythmus zuständig sind Fabian Subancic (Piano), Thomas Wilding (Bass) und Klaus Fürstner (Schlagzeug). Wer sein (Vor-)urteil über Big Band Jazz revidieren möchte, dem sei dieses Album ans Herz gelegt.
PS.: Die Freundschaft zwischen Miklin und Feigl (einst sein Schüler) hat in der Folge noch zu einer weiteren Zusammenarbeit geführt, nämlich der Fusion von The Base Band mit der Big Band und den stimmgewaltigen Vocals von Norbert Wally. Und weil ich vorhin vom Familienbetrieb der Miklins gesprochen habe, Karlheinz Miklin (Jun.) bedient dort das Schlagzeug, was er sonst für The Base tut. Ein LIVE Album, aufgenommen in der Generalmusikdirektion, soll im Herbst erscheinen.
Es war während des Jazzfestivals Leibnitz. Mit dem Schlagzeuger Alex Deutsch sass ich zufällig eines frühen Morgens beim Frühstück am selben Tisch. Neben einer Facebook-Freundschaft ergab das daraus folgende Gespräch großes Interesse an dem neuen Album, das nach zehn Jahren schöpferischer Pause im Trio mit Oliver Steger (Bass) und Ulrich Drechsler (Saxophon) entstanden war: And Now…Boogie! und ich versprach, mir die CD gleich anzuhören und sie zu besprechen.
Das liegt nun schon gut ein halbes Jahr zurück, aber mein Versprechen wird immer gehalten und nun sollen Worte beschreiben, was ich mit großem Genuss in Leibnitz live erleben durfte. Vorweg die Geschichte, wie es zum Namen des Trios kam – das Café Drechsler ist tatsächlich ein Wiener Kaffeehaus, jedoch nicht mit dem Saxophonisten gleichen Namens verwandt – aber das kann die Band auch selbst erzählen.
Ich war müde, es war wohl schon fast Mitternacht, aber dennoch wollte ich das Konzert im Marenzikeller nicht verpassen. Und siehe da, die Müdigkeit wurde von der Musik weggeblasen, die Beine tanzten unentwegt und von irgendwoher flutete Dopamin in mein Hirn. Ich war gut gelaunt, tanzte in vorderster Reihe und ließ mich vom Tempo der drei Profis mitreissen. Ein akustisches Trio, auch wenn es in iTunes unter „Electronica“ gehandelt wird, habe ich noch nie so schnell spielen gehört. Bass und Schlagzeug bauen den Highway, auf dem das Tenorsaxophon fährt. Und wenn ich die Augen zumachte habe ich mich in einem offenen Mustang über diese Autobahn fahren sehen und mit jedem neuen Tune wechselt die vorbeiziehende Landschaft. Vielleicht sollte die CD eine Warnung tragen, nicht im Auto gespielt zu werden, wenn man Speeding Tickets vermeiden will. Genial. Dabei sind auch zwei Tunes mit Text drauf, auf Samptpfoten rezitiert Yasmo „Mir geht’s gut“ über Befindlichkeiten („Ich reich die Hand um zu zeigen, dass sie keine Waffe trägt“) am Tune „On Velvet Paws“ und ein RAP von FlowinImmO auf „Fake News“, der ins Politische geht und mit der rhetorischen Frage endet, „worüber lohnt es sich zu sprechen“.
Alex Deutsch habe ich in der GMD auch wieder gesehen, am Schagzeug für Harri Stojka. Wow, der Mann ist so energiegeladen, dass er sogar noch die Ladegeräte im Publikum betreiben könnte. Musik ist eben auch ein Energy Drink. Oder noch besser: Grundnahrungsmittel! Jedenfalls kein Boogie.
„… irgendwo zwischen Heimaterde und einem dunklen All.“ (Valerie Fritsch)
Wenn man Transalpin, Almas zweite CD, sehr spannend fand, schraubt es die Erwartungshaltung für ein drittes Album hoch. Wenn man dann noch lange Zeit auf die Zusendung gewartet hat, steigt sie bis ins „dunkle All“. Dieser hohen Anforderung, aus drei Violinen, einer Knöpferlharmonika und einem Kontrabass etwas absolut Neues zu kreieren, wird Oeo nicht gerecht. Alma greift mit diesem Album nach den Sternen, aber verliert sich darin, ohne sie zu erreichen.
Ich habe die CD gleich aus dem Postkasten ins Auto mitgenommen, jedoch beim ersten Abspielen nichts gehört, was meine Aufmerksamkeit von der Straße abgelenkt haben könnte. Oeo ist eine brauchbare Sammlung bodenständiger Hausmusik, vom Jodler bis zum Landler mit einem Schuss Gegenwart, nervt und/oder langweilt gelegentlich auch inmitten schier endloser Schleifen und bietet keine wirklichen Überraschungen. Die instrumentalen Möglichkeiten eines Quintetts sind klarerweise begrenzt, also müssten die Stimmen aushelfen, aber davon gibt es wenige auf Oeo. Mir fehlt das harmonische Jodeln von Transalpin. Erst auf dem Rückweg fiel mir dann ein Stück mit Gesang auf, „Questa Mattina“, ein italienisches Volkslied. Danach plätschert es wieder weiter bis zum „unbekannten Frieden“, einer Träumerei außerhalb unseres Planeten, und versickert.
Tut mir leid, ich hätte Oeo sehr gern gelobt, aber ich kann es nicht. Ich hoffe aber, dass die Band dies als konstruktive Kritik auffasst und im vierten Album wieder ihren Weltmusik-Kurs ins Universum einschlägt.
Nach dem ersten Stück im ersten Set war ich etwas planlos. Die vier Musiker spielten zwar vom Blatt, aber jeder für sich mit geschlossenen Augen. Mon dieu, war das nun Freejazz, worauf ich mich hier unvorbereitet eingelassen hatte? Keine Spur, den Ohren der Zuhörer im Stockwerk Graz wurden Kompositionen geliefert, die klare Strukturen erkennen ließen, wenngleich diese auch ständig wechselten. Creative Jazz aus den United States war eben anders als europäischer oder australischer Jazz.
Aber es passte alles zusammen, was man sich an ungewöhnlichen Symbiosen nur vorstellen konnte. Angefangen bei der Instrumentierung. Ich hatte noch kein Chello (und Electronics) in einem Jazz Quartett gesehen. Aber was Fred Lonberg-Holm (55) mit seinem „geschrumpften Bass“ zupfte, strich, kratzte und quietschte, passte. Eine drei-saitige Gitarre, die ihm sein Vater gebastelt hatte brachte ihn zur Musik, wie er mir in der Pause erzählte. Und der Mojo, mit dem der in Chicago gebürtige Drummer Michael Zerang (auch er wird heuer 60) die Rhythmen sammelte, vorantrieb und wechselte, passte ebenso. Der Mann, dessen Haar wie Rapunzel bis zum Boden reicht, ist auch Komponist und spielte Schlagzeug mit zahlreichen Bands von kreativem Jazz über Weltmusik bis zu Rock und mehr, und es passte. Der 60-jährige Berliner Import Gebhard Ullmann, bestückt mit Tenorsaxofon und Bassklarinette noch der „normalste“ im Jazz Quartett, passte natürlich. Und Steve Swell aus Newark/New Jersey, der mit 64 Jahresringen älteste der vier, hielt die Augen ebenfalls geschlosssen, wenn er seinen Körper mit der Posaune bis zum Boden schwingen ließ, und auch das passte.
Variations on a Master Plan. Das macht Lust auf eine Reise nach Chicago, denn dort gibt es Creative Jazz vom feinsten, wie dieses Quartett. 2016 erschien Chicago Plan, ein selbst betiteltes Debütalbum bei Clean Feed. Davor hatte jeder der vier schon zahlreiche CDs in anderen Gruppierungen und Projekten aufgenommen. An diesem Abend war Chicago in Graz und hat die Zuhörer musikalisch bereichert, wofür Otmar Klammer zu danken ist. Die Stadt Chicago wird dennoch ein Reiseziel auf meiner Bucket-List bleiben.